"Ich stand dabei, als er es sagte. Der Rote war von seinen Worten überzeugt. Er war freundlich und beruhigte Cuirina. Er meinte, das Chaos habe sie betrogen, als es sagte, es hätte sich der Seele des Kindes bemächtigt. Der Anhänger, das Artefakt, ist ein... kleines Wesen in einer klaren Flüssigkeit. Grausames Spiel, Abart eines Lebenden Wesens - gefangen und gebannt in ein gläsernes Gefängnis... Der Rote meinte, die Seele des Kindes sei frei und das Chaos hätte nie Zugriff darauf gehabt." Sirgal sprach jetzt ruhig, hielt mit beiden Händen einen heißen Becher umklammert, den Mika ihr stillschweigend gebracht hatte. Ein süßer Geruch von feinster Schokolade ging davo aus.
Lindhelen regte sich nicht. Stumm fiel ihr Blick auf ihre Harfe, als würde sie dort etwas sehen können und nur ihre Fingerspitzen strichen unaufhörlich über das Holz.
Lange Zeit verstrich auf diese Weise und nur sehr zögerlich, zäh und widerstrebend kamen die Worte über ihre Lippen. "Ich denke - er hat sich geirrt."
Tha'Risha lehnte sich zurück und unterdrückte ein süffisantes Lächeln. Ein Plan entstand, und er war alles andere als wohlwollend, würde aber dem Chaos und vor allem Tzeentch gerecht werden. "Das ist alles sehr tragisch und es tut mir leid, dies alles zu hören. Weißt du vielleicht den Namen des Kindes, damit wie seiner gedenken können."
Sie blinzelte, Minenspiel.. ein kurzes Zucken um die Mundwinkel.. was hätte sie darum gegeben, sehen zu können. Doch zumindest ein Hauch Ahnung, dass nicht alles so freundlich war, wie es schien schlich sich in ihr Herz, wahrnehmbar am Klang der Stimme, an der Farbe der so ruhigen Worte. War ihr Gehör doch alles, was sie hatte - so war diese Ahnung nichts und doch.. alles was ihr blieb.
Dann glätteten sich ihre Züge etwas und sie schüttelte den Kopf. "Den Namen hat sie mir nie gesagt und" und das Zögern in ihrer Stimme war vielleicht einen Hauch zu lang, kaum merklich, wohl aber vorhanden ".. es ist nur ein Gefühl oder das.. Zusammenspiel von Träumen die.. uns Barden.. auch werdende heimsuchen.. " Sie nickte um die Worte zu bestätigen.
Sirgal atmete leise hörbar aus. "Dieses Artefakt... Lindhelen, habt ihr es kürzlich in der Hand gehabt? Fühlte es sich irgendwie anders an?" Sirgal kam langsam humpelnd näher und setzte sich auf einen Stuhl. Sie brachte den Geruch der Schokolade mit.
Erneut war spürbar, wie sie sich unter der Frage und dem, was sie heraufbeschwor wand. Was sollte sie sagen? Was tun? Unruhiger wurde die Bewegung ihrer Fingerspitzen und mehrmals schien sie anzusetzen, etwas sagen zu wollen doch immer wieder entwich ihr Atem ohne zu Worten zu finde. Schließlich, nach langem Kampf den sie mit sich führte, war es nur ein kaum merkliches Nicken, das Antwort auf diese Frage gab.
Sirgal fragte sanft nach, denn sie merkte sehr wohl, dass diese junge Frau eigentlich nicht sprechen wollte: "Könnt ihr beschreiben, wie es sich verändert hat? War es kalt? Warm? Oder fremd?" Sie nahm langsam einen Schluck von dem Getränk in ihrem Becher.
Lindhelen atmete tief, der süßliche Geruch des Getränks schien beruhigend zu wirken auf seine Art und dennoch ließ sich der Kampf in ihr dadurch nur wenig mindern. Wieder geschah lange nichts. Tat sie das richtige? Vertraute sie sich jemandem an, der helfen konnte oder wollte oder wurde sie gerade zu einer Verräterin an jener Frau, die ihr so vieles gezeigt hatte und die ihr nicht weniger viel bedeutete? Leise war ihre Stimme als sie versuchte eine Antwort zu finden. "Seltsam.. fremd und.. beängstigend.."
Sirgal erbat von Tha'Risha wortlos den Anhänger der Kette, den sie um den hals trug. Zeitgleich griff sie in ihre Tasche, wobei das Geräusch von Leder auf Leder entstand, als sie etwas darin suchte...
Dann stellte Sirgal den Becher weg. "Mika, bring bitte für die junge Dame auch einen."
Sirgal hatte einen Stein am Lederband aus der Tasche geholt. Er war von blassem blaugrau und ein Geschenk einer lieben Freundin. Sie hatte ihn 'Stein der Sänger' genannt. "Bitte, gebt mir Eure Hand, Lindhelen." sagte Sirgal.
Es war sicher nicht schwer zu erraten dass ihr immer unwohler in ihrer Haut wurde. Doch nun beinahe so etwas wie schicksalsergeben reichte sie der Stimme Sirgals ihre Hand hin, deren Fingerspitzen leicht bebten.
Kurz öffneten sich ihre Lippen, wie um etwas zu sagen - doch sie schwieg, wartete, die Lippen blutleerer als zuvor.
"Es ist nur ein Stein. Keine Angst." sagte Sirgal sanft und legte ihr den Sängerstein in die handfläche. Warm und schmeichelnd, saft und rein lag er dort.
Zu Tha'Risha meinte Sirgal: "Den Silbernen", sie meinte den Vogelschädel.