Da standen sie wieder. Genau so, wie sie - war es eben gewesen? Oder doch vor fünf Tagen? - sich darüber unterhalten hatten, wie Tha'Risha noch etwas am Haus verändern wollte.
Sirgal verabschiedete sich von ihr - noch immer mit dieser etwas abwesenden Stimme und dem sorgenvollen, fassungslosen Gesichtsausdruck. "Ich warte auf Nachricht über das Tor von Allister. Bitte, Tha'Risha, es ist sehr wichtig... Ich werde zu Lorrinde gehen und hoffen, dass sie zu Hause ist. Ich muß sie etwas fragen." Sirgal berührte die alte Freundin am Arm und wandte sich dann ab, um zielstrebig aber langsam in die Stadt hinunterzugehen und Lorrindes Haus aufzusuchen. Noch immer hallten ihr die Worte des Bannes im Kopf nach.
Das Reisen durch die Nebel hatte durchaus Vorteile- selbst wenn sie erst heute Abend aufbrechen würde- wäre sie immer noch pünktlich genug um Großmeister Chrysanthios nicht all zu sehr auf die Zehen zu treten.
Leise summend wanderte Lorinde durch Haus- packte hier noch etwas in den Korb... suchte da noch nach Noten und den Erssatzsaiten.. packte es ein nur um gleich danach nach der Tinte zu suchen..Ordnung war bei ihr nunmal ehe eine Art kreatives Chaos... nachdenklich hielt sie inne und betrachtete das Päckchen mit Glitzernen Dingen- Kenderüberraschung die auch Kobolde mochten... " mal sehen ob Sonnenscheinchen wieder da ist"
Es war noch relativ früh an diesem Morgen - etwa um die neunte Stunde, als Sirgal an Lorrindes Tür klopfte und inständig hoffte, dass die Freundin da wäre.
Das leise recht vergnügte Summen verstummte und Schritte näheren sich der Tür. Der Schlüssel knirschte etwa im schloss- ungewöhnlich das sie überhaupt abschloss wenn sie da war.....
" Oh guten Morgen Sirgal" das erfreute Lächeln verblasste etwas als sie Sirgal betrachtete- " ich glaube die Frage ob alles in Ordnug ist kann ich mir sparen" Lorrinde öffnete einladend die Tür
Ein kaum merklich Versteifen im ersten Augenblick zeigte wie verblüfft Lorrinde darüber war eh sie reagierte und ihrerseits Sirgal umarmte und ruhig über den Rücken strich " was ist passiert hm?"
"Bitte hilf mir. Ich habe Dinge getan, die ich nicht verstehen kann..." Sirgals Stimme war kratzig und rauh und klang ganz so, als hätte sie sehr viel und sehr laut gesprochen... oder gesungen.
Ungesehen von Sirgal runzelte sie kurz die Stirn als sie den Klang der Stimme nebenbei analysierte... " was hälst du davon wenn wir in die Küche gehen, ich uns einen schönen Tee mache " Lorrinde dachte an etwas beruhigendes" und mir dabei erzählst was dich so verwirrt" fast haette sie gesagt ängstigt..aber das traf es nicht ganz. Sie wartete erst garnicht auf Antwort sondern löste sich sanft weit genug aus der Umarmung um Sirgal Richtung der Küche zu führen, direkt zu einem der Stühle. Packen war jetzt estmal vergessen- das hier war wichtiger- Sirgal war wichtiger.
Sirgal ließ sich ohne Widerworte auf einen der Stühle drücken, dankbar, sitzen zu können. Ihre rechte hand war unter dem Stern noch etwas blau verfärbt und leicht geschwollen, ansonsten sah sie unter dem von der Sonne verbrannten Gesicht eher blass und erschöpft aus. Sie trug eine helle Tunika mit langem Rockschoß, auf dem unten der Graue Drache zu sehen war, trug Reitermesser und den kleinen Dolch am Gürtel, dessen Scheide blutbesudelt war. An der Kette um ihren Hals baumelte ein Silberner Rosenring neben dem Drachen und der Eule. Sirgals Frage war direkt und offen: "Lorrinde, wie funktionieren banngesänge?"
Lorrinde setzte die Teekanne die sich gerade aufgenommen hatte hörbar klirrend wieder ab und drehte sich zu Sirgal um, in ihren Augen stand Verblüffung.. und noch was anderes.. " Banngesänge ?... sie sind Beinflussungszauber, viele sagen es sei schwarze Bardenkunst. sie können auch als Schutz eingesetzt werden....aber sie haben immer einen Preis...immer" Sie liess den Tee Tee sein und kam zu Sirgal, kniete sich kurzer Hand neben sie und ergriff deren Hand- behutsam als sie die Schwellung spürte. " Sirgal ..was ist passiert dass du mich nach diesem fragst"
Ein Streitkolben hatte ihr die Hand zerschmettert, in der sie den Dolch gehalten hatte... Dank Mishra waren aber kaum noch Beeinträchtigungen da. "In der ersten Welt... der ersten Drachenwelt... die Kaiserin Phaedana hatte uns gerufen. Inat Laronn bedrohte die Stadt erneut. Dort waren nur 56 Tage vergangen - hier war es ein jahr. Auf jeden Fall gab es einen Gesang um Inat zu bannen, damit die Stadt im Schutz bleibt. Mae, meine alte Freundin dort, hatte ihn hinterlassen. sie fiel später in Inats Hände und Mae, als seine Mutter, blieb an seiner Seite..." Sirgal stockte und räusperte sich. Die Stimme überschlug sich bei längerem Sprechen.
Lorrinde nickte, " das würde ich unter Schutzzauber einordnen... und wurde der Zauber erfolgreich gewebt?" Beim Überschlagen der Stimme fügte sie im Gedanken Honig in den Tee dazu....ehe sie sich wieder ganz und gar auf die Freundin konzentrierte.
"Ja", krächzte Sirgal, räusperte sich erneut und erzählte knapp weiter: "Bis sich Mae entschloss bei ihm zu blieben. Dass sie ihren eigenen Bann aufheben würde, war klar - und es gab nur eine andere Legendenweberin in Weltenwacht... Ich musste mir sehr schnell etwas einfallen lassen. Ich... habe..." sie konnte einen Moment nicht weiter sprechen. Noch immer war es so ungeheuerlich für Sirgal, was sie getan hatte.
Lorrinde war mit den Gesetzen der Magie vertraut genug- und mit dem was Sirgal war... "Ihr brauchtet einenneuen Zauber ,einen der nicht von Mae berührt worden war..." leises Verständnis schwang in den Wort und sie streichelte die Hand ganz sacht. Für sie war der Gedanke das Sirgal dies bewirkt haben könnte gar nicht so abwegig....
"Ich ... ich hatte nur wenige Momente Zeit... Ich bin kein Barde, Lorrinde. Und meine Art von magie ist das auch nicht. Ich konnte nur eine melodie nehmen, die mir unendlich viel bedeutet, die ich aus dem Herzen singen kann... Ich habe einen Bann geschrieben, und ihn vielen beigebracht. Ich konnte nur die Kraft aus ihrem Gesang, aus ihrem Summen ziehen und dann ihm entgegenschleudern. Ich konnte ihn nur schwächen, zurückdrängen... wir haben wohl zwei Stunden gebraucht... bis er mal allein stand und ich seinen Champion umgehen konnte. Ich habe mich wider bessere Wissen von all denen gelöst, die mich schützten, denn nur ein Legendenweber konnte diesen Zauber wirken. Ich... habe den Krieger mit dem Hammer umlaufen... und dann bin ich wirklich auf Inat Laronn zugesprungen... habe ihn am Halsausschnitt seiner Rüstung gepackt und mit der Rechten ihm den Dolch bis ans Heft von oben in den Leib gerammt... Er stürzte rückwärts durch das Tor..." Sirgal stockte die Stimme erneut. Sie zog das in ihrem Gürtel steckende Notizbuch heraus und schlug die markierte Seite auf.
'Come by the Hills'
Hier stehen wir, fremder Welt, in uraltem Krieg Erheben uns neu gegen Dich, wirken Bann in dem Lied Zwingen Inat Laronn in Legendengewobenem Zorn Weit zurück aus der Welt in die Zeit auf das Frieden hier bleibt!
Von den vorherigen Seiten schimmerten Noten durch das dünne Pergament.