In der Zelle war es jetzt fast völlig dunkel. Das letzte Dämmerlicht kam durch ein paar Gitterstäbe in der Decke, von denen es gelegentlich tropfte.
Dann kamen Schritte, leise, federnd. "Öffnet die Tür!" Der Riegel wurde zurückgeschoben und ein Mann, schmal und mit einem Raubvogelgesicht trat ein. Er schien genau zu wissen, wie weit die Kette reichte - denn er blieb dicht bei der Tür stehen. "Soooo.... dann haben wir hier also die Hexen! Ja, ja. Wollen doch mal sehen, ob sie die Male haben!"
Amira war hellwach und unwillkürlich spannte sich ihr Körper, als sie die sich nähernden Schritte und Stimmen hörte. Sie sagte nichts, hob noch nicht mal den Kopf, blieb nur geradezu lauernd liegen und fixierte die Neuankömmlinge mit kalten Augen. Im Geiste entschuldigte sie sich bereits bei Lukarde, denn es wäre ihr kaum möglich sie beide zu verteidigen, geschweige denn sich selbst in ihrem gebundenen Zustand gleich gegen mehrere erfolgreich zur Wehr zu setzen...
"Zieht sie hoch!" Die Stimme war plötzlich schneidend kalt.
Beide Frauen wurden an den Ketten, die ihre Hände banden, auf die Füße hochgezogen, bis die Arme über den Kopf hochgerissen waren. Lukarde schrie dabei kurz auf und verlor das Bewußtsein, noch bevor sie wirklich stand. Sie hing daraufhin in den Ketten, nur an den Handgelenken gehalten.
Die beiden Wachen, die den Pater begleiteten, warfen der halb entkleideten lüsterne Blicke zu, wie sie leblos vor ihnen hing.
Sie liess es sich nicht anmerken, wie sehr sie der Aufschrei traf. Der versteckte Wundhaken in ihrem Stiefel war nun nutzlos, da sie ihn nicht erreichen konnte, nachdem sie urplötzlich an den Ketten hochgezogen worden waren, wobei Amira sich zähneknirschend ein Knurren verkniffen hatte. Sie kniff die Augen zusammen und fixierte die Kerle, die nun auf sie zukamen; selbst wenn sie gewollt hätte, durch das Anziehen der Ketten, war die Andere nun unerreichbar, sodass Amira hilflos zusehen musste. Noch verhielt sie sich ruhig und manierlich...
Sie kamen erst zu der wehrlosen Lukarde, rissen ihr die reste des Hemdes vom Leib und zogen ihr die Hose aus. Die Beinschienen, die sie anfangs getragen hatte, lagen bereits draußen vor der Tür.
"Ja... die andere auch!" Das Raubvogelgesicht lächelte und sein Blick glitt über den Körper, während er eine Peitsche zog.
Sie wartete bis zur letzten Sekunde. Alles schien sich zu wiederholen. Irgendwas in Amira schaltete ab. An einem Punkt in ihrem Inneren wusste sie, dass sie es wohl nur noch schlimmer machen würde, doch der Teil, der ihre unbändige Wut barg, war stärker...Urplötzlich machte sie sich die Ketten zu Nutze und schwang sich hoch, um zumindest dem einen der beiden Wachen den Absatz ihres Stiefels mitten in's Gesicht zu zimmern. "Rühr' mich nicht an!", fauchte sie in rauhem Knurren und trat auch nach dem zweiten, welchen sie wohl kaum erwischen würde, da der ja wohl oder übel gesehen hatte, was mit seinem Kameraden passiert war...
DAs Knacken des Nasenbeins und das Blut sprachen eine eigene Sprache. "Die Hexe widersetzt sich also! Sie ist also schuldig! Hat etwas zu verbergen!" Das RAubvogelgesicht mit der schnarrenden Stimme lachte.
Der Wachmann taumelte zurück und schlug die Hände vor das Gesicht. Der Pater kam näher und schlug it der Peitsche mehrfach so fest zu, dass Amira die Hiebe trotz der Kleidung sehr deutlich spüren würde. "Halt still, Hexe! Mach es nicht noch schlimmer..." Dioch ihr sich wehren hatte etwas in seinem Gesicht verändert. Lüstern sah er sie an. Genau das hatte er gewollt.
Mit harter Miene unterdrückte sie verbissen jegliche Schmerzäusserung, welche sie zu heftigem Fluchen verleitet hätte- stattdessen zerrte sie knurrend an ihren Fesseln, auch wenn das zehnmal nichts brachte. Mit kalten, schimmernden Augen blickte sie dem Pater voll aufgerichtet entgegen. "Mich wirst Du nicht brechen.", ging es ihr in einem Winkel ihres Geistes durch den Kopf. "Es ist doch egal was ich tue, lasse, sage oder nicht sage!", faucht sie kalt und voller Hass, "Ihr werdet es mir eh im Mund herumdrehen!"
Dessen Bruche hatte sich bereits deutlich gewölbt, beim Anblick eines so nackten Weibes und frustriet zog er ab. Später hatte er je vielleicht dann doch Gelegenheit. Diese Zelle würde er sich merken.
Der Pater kam näher und hatte die Peitsche in vorhalte. "Ja, mein Täubchen, dann wollen wir doch mal nach den Malen suchen!" Er streckte die hand nach Amira aus.
Amira hatte es gesehen und merkte sich dessen Gesicht.
Als der Pater sich ihr näherte, bedauerte sie es, dass er nicht so dumm war und die Hand nach ihrem Gesicht ausstreckte- zu gern hätte sie ihm den einen oder anderen Finger abgebissen. Da er leicht von der Seite her auf sie zukam, schaute sie ihn aus dem Augenwinkel an und rührte sich abermals erst in letzter Sekunde. Den Peitschenschlag praktisch schon erwartend, trat sie mit aller Kraft nach seinem Arm und direkt aus der Bewegung heraus nach jener empfindlichen Stelle, wo es richtig wehtun würde, sollte sie den Treffer landen können...
Sie traf etwas unterhalb der empfindlichen Stelle den Schenkel und machte ihn wütend. "Na warte..." Die Gerte, ein sehr biegsamer Stock, klatschte auf Amiras Körper.
Abermals unterdrückte sie einen Schrei und versuchte sich ihm zu entziehen. In ihren Augen loderte ein gefährliches Feuer hoch, er machte sie gerade nur noch wütender...In dem Moment war es sogar gut, dass man Amira angebunden hätte, denn es fehlte nicht mehr viel und sie hätte den Mann mit blossen Händen zerrissen, wenn sie volle Bewegungsfreiheit gehabt hätte. Erinnerung und Realität überlagerten sich und sie hatte plötzlich wieder das Gesicht aus ihrer Vergangenheit vor Augen. Es machte sie langsam rasend derart hilflos zu sein, wenn doch nur die Fesseln oder wenigstens die Kette nicht wäre...