Es war wirklich fast so etwas wie Ruhe eingekehrt.
Falk, der Krieger, der Allister aus der Ruine gezogen hatte, war wieder auf den Beinen. Auch Kyrillas, der von dem Frostdrachen schwer verletzt worden war, konnte sich inzwischen auf Krücken so weit frei bewegen, dass er selbständig war. Amira ging es wieder gut, nachdem sie sich magisch bei Kyrillas an die grenzen bewegt hatte, und auch Viktor war wieder hergestellt.
Allister - zwar zerschlagen aber guter Dinge - machte sich noch Gedanken um den jungen Grabenkämpfer, musste aber auch der weiteren Planung ins Auge sehen - das Jahr neigte sich.
Amira und Viktor mussten an die Vorbereitungen für ihren Auftrag in Dascon denken...
Sirgal unterdessen machte sich gedanken, wie sie wohl nach Xant kommen sollte - es war nichts vorbereitet und man hatte sie inzwischen wohl für tot erklärt.
An einem Morgen, es war inzwischen der zwanzigste Dezember, kam sie aus dem Zimmer, dass sie inzwischen bewohnte, und ging die Treppe hinunter, um bei Tante Nana etwas zum Frühstück zu erbitten. Es war noch dunkel - aber Sirgal hielt nichts in den Federn. Als sie nochnichts im haus hörte, setzte sie sich still unten hin, befeuerte den Kamin etwas und begann, das Buch, dass sie inzwischen ständig begleitete, zu colorieren. Inzwischenhatten sich viele Bilder gefunden, die es enthielt.
Irgendwann hörte man ein Rumpeln in der Küche und kurz darauf kam die alte runde Frau mit einem Arm voll Holz hereingewuselt. Sie sieht von Sirgal am Tisch zum bereits angefachten Feuer. "Oh- bin ich etwa zu spät heute morgen?", fragt sie verwundert und sagt dann mehr zu sich selbst, "Ich glaube, ich werde langsam alt." Dann kommt sie auf den Tisch zu und lächelt Sirgal warm an. "Guten Morgen, Kindchen.", begrüsst sie die Botin gutmütig auf altbekannte Weise, "Was kann ich Dir Gutes tun, nachdem Du das Feuer angefacht hast?"
Amira hingegen war schon länger auf den Beinen. Es ist zwar noch relativ dunkel draussen, doch das hatte sie noch nie aufgehalten. Für ihren Geschmack eher 'umständlich' gekleidet, spaziert sie gerade durch die Strassen und macht sich gemächlich auf den Weg in Richtung Kaserne- sie wollte Allister um einen Trainingspartner bitten, denn der 'Tauglichkeitstest' für das neue Kleid, was sie gerade trug, stand noch aus. Alles Andere war bereits erledigt und die Augenklappe hatte sie mittlerweile seit beinahe einer Woche praktisch durchgängig getragen und heute würde man sie in Igraine das erste Mal in Frauenkleidern sehen. Halbwegs entspannt atmet sie dir kühle Luft ein und setzt ihren Weg fort.
Sirgal lächelt die alte Dame freundlich an. "Das ist doch kein Problem - ich war früh auf, dann kann ich das auch machen. Man sagt ohnehin, ich würde alles zum Brennen bekommen. Kakao mit Honig wäre fein, und etwas leichtes zum Frühstück..." Allister hatte in Sirgal eine kleine Leidenschaft geweckt.
"Danke, Kindchen- das ist lieb von Dir." Die Alte lächelt warm. "Aber sicher doch Kindchen- kein Problem.", antwortet sie dann auf Sirgal's Frage und huscht in die Küche zurück, um kurz darauf mit einem Holztablett zurückzukommen. Sie stellt es vor Sirgal ab und darauf finden sich ein Becher nebst herrlich duftender Kanne, ein kleiner gut gefüllter Brotkorb, ein Honigtopf und neben Geschirr und Besteck ein kleinerer Teller mit etwas Butter darauf. "Guten Appetit, Liebes- ich muss dann wieder in die Küche- einfach rufen, wenn Du noch was brauchst."
Draussen kommt Amira der Festung immer näher. Ihre Gedanken kreisten im Moment hauptsächlich um Dascon. "Worauf habe ich mich da nur wieder eingelassen?", fragt sie sich leise flüsternd kopfschüttelnd selbst. Später würde sie auch schauen, ob sie Falk finden würde- seit er aus dem Lazarett entlassen wurde, strauchte er so ziemlich überall herum- offenbar tat es ihm sehr gut wieder uneingeschränkt wieder herumlaufen zu können.
Als Nana das Essenb rachte, erhob Sirgal sich und ging ihr nach. "Tante Nana, hättet ihr etwas... salziges für das Brot?" sie mochte nur selten Süßes am Morgen.
Auf dem kurzen, einsamen Wegstück zwischen Stadt und Festung folgt Amira jemand. Lautlos die Schritte, federnd und elastisch.
Sirgal findet eine sauber aufgeräumte Küche. Alles hatte seinen Platz und dennoch herrscht sowas wie Hochbetrieb. Grosse Töpfe stehen auf den Herdfeuern und verbreiten einen verführerischen Duft. Tante Nana schaut aus einem der Töpfe auf und legt die grosse Kelle bei Seite. "Komm mal mit, Kindchen.", meint sie und winkt Sirgal zu sich, während sie sich in einen kleinen Nebenraum aufmacht. Als die Botin neben ihr steht, deutet sie auf eines der Regale. "Dort hätte ich noch guten Griebenschmalz und hier...", sie tritt an die Rückwand und holt aus einer versteckten Ecke ein grosses Stück Schinken, "...Noch ein gut abgelagertes Stück Räucherschinken. Salz hätte ich selbstverständlich auch noch da- oder soll ich eben schnell ein Ei in die Pfanne geben?" Abwartend schaut sie Sirgal an.
Urplötzlich stellen sich Amira's Nackenhaare auf. Sie verändert ihre Schrittgeschwindigkeit nicht und auch ihre Bewegungen bleiben die Gleichen, als sie dem Weg weiterhin folgt. Innerlich lächelt sie- sie kannte das Geräusch der Schritte, auch wenn derjenige wohl glaubte, dass sie ihn nicht gehört hatte...
"Wenni ch etwas von dem Schinken haben dürfte, wäre das ganz wunderbar. Das reicht mir schon." Sirgal brachte das 'Kindchen' immer wieder zum Schmunzeln. Sie war älter als viele hier...
Er glaubte nciht, dass sie ihn nicht bemerkt hatte. Im gegenteil - er erwartete eine schnelle Reaktion. Ganz abgesehen davon, dass er vermutete, dass sie ihn schon am Gang erkennen würde! Also andere Taktik. Etwas Knackt, ein aufstöhnen...
Wieder lächelt die Alte, dann zieht sie ein Messerchen aus den Falten ihres Rockes, schnippelt Sirgal ein grosszügiges Stück herunter und reicht es ihr. "Hier, Kindchen. Lass' es Dir schmecken.", lächelt sie freundlich. Auch wenn die alte Frau sich noch recht flink bewegte, sie hatte ein Gesicht, als wäre sie mindestens 80.
Das war in dem Fall der 'richtige' Knopf. Urplötzlich wirbelt Amira bei den Geräuschen auf dem Absatz herum und ein leichtes Glimmen ist in dem nicht verdeckten Auge zu erkennen.
Sirgal bedankt sich artig. "Kann ich noch bei irgend etwas helfen?" fragt sie Nana.
Der Mann ist groß, die kurzen blonden Haare so knapp geschnitten, dass man nicht hineingreifen kann. Jetzt steht er vornübergebeugt, hält sich das Knie und Flucht leise...
"Nein, nein, nein, Kindchen.", winkt die Alte gutmütig ab, "Geh' erstmal in Ruhe frühstücken- die richtige Arbeit, geht ja eh erst am Abend los, wenn Alles was zu Essen will nach der ganzen Arbeit."
Draussen ist Amira schnell bei den Mann angekommen. Geschmeidig war sie vor ihm auf ein Knie runtergegangen und hatte dabei eine Hand auf seinen Arm gelegt. "Falk...Alles in Ordnung?", fragt sie leise und sucht von unten in seine Augen zu schauen.
Sirgal verabschiedete sich lächelnd aus der Küche und machte sich mit dem Schinken an ein leckers Frühstück.
Falk hasste den Job, seit der Sekunde, wo er ihn erhalten hatte. Er hält den Blick gesenkt, denn seine Augen sind klar, scharf und konzentriert. Er wollte ihr nicht weh tun. 'Fehler', dachte er, als sie sich auf ein Knie niederließ. Im Kleid erforderte es lange Übung, nicht beim Aufstehen zu fallen, weil man sich selbst auf dem Saum stand... Das scheinbar entlastete Bein schnellte vor, die Sichel, die er schrieb, musste sie zur Seite werfen. Er war sofort über ihr, ein langes Messer in der hand. Falk war zu lange in seinem Job gewesen.
Reflexartig rollt sie sich zur Seite und versuchte auf die Füsse zu kommen, doch in der Position, in der Amira sich gerade befand, war sie zu langsam. Intstinktiv hatte im Abrollen ihre eigenen verborgenen Klingen aus den Ärmeln gezogen, wobei die Eine nun klirrend die von Falk blockte und die andere seine Knöchelsehen zerschneiden würde, wenn er sich falsch bewegte. Zwar war Amira gerade in einer denkbar schlechten Position- sie lag halb auf dem Rücken-, doch er sollte sehr schnell merken, dass sie keineswegs so hilflos war, wie es im Moment den Anschein hatte- spätestens dann, wenn er sie weiter bedrängte, würde er das schnell feststellen. "Was tust Du?", knurrt sie rauh und beinahe bösartig. Erinnerungen blitzen unwillkürlich vor ihrem inneren Auge auf. Siriel.
Er schieg mit blitzenden Augen und der Griff seiner freien Hand ging in ihre Haare mit dem Ziel, den Kopf nach hinten zu reißen... Das mit den Sehen würde schwierig werden, bei schweren Stiefeln und dickem Lederzeug an den Beinen.
"Das bereust Du!", stösst sie knurrend hervor, dann setzt bei Amira etwas aus, was auch ihr unverdecktes Auge zeigte. Sie wand sich unter ihm, entzog sich seinem Griff und zimmerte den Griff der zweiten Klinge auf einen Nervenpunkt knapp unter dem Knie, dort wo der Stiefel endete...
Der einsetzende Schmerz lässt Falk aufjapsen. Auch die Kontrolle des Beines ließ zu wünschen übrig, das Knie brach weg. Er sprang ihr entgegen und hoffte nur, dass das Heilerteam auch wirklich bereitstand. Sein Griff war hart, als er ihr ins Handgelenk griff und massiven Druck gegen beide Unterarmknochen ausübte. Die andere Klinge drückte er zur Seite, bis ihre hand auf dem Boden aufkam - es war schiere Kraft, die er gegen sie einsetzte.