'Hast Du so etwas jemals schon getan, Dae?' fragte sie vorsichtig. Er würde sehen, dass ihre eigene Kraft immer matter wurde, flackerte und Fleckig war. Nicht, dass es an Energie fehlen würde, aber die Konzentration wegen des Schmerzes war schwierig. Darum war ihr Abbild auch langsam in dem, was es tat und wirkte fast durchsichtig.
"Ich halte es aus.", antwortet er mit fester Stimme, nahm ihre Hand und hob sie langsam in die Höhe. "Nimm' was Du brauchst.", fordert Blake sie erneut auf, "Es ist genug da." Besorgt mustert er sie. "Bitte...", hauchte er.
Sirgal wagte es nicht, die Kugel direkt zu berühren - sie hatte angst, ihn auf einen Schlag 'entleeren' zu können. Die magischen energien Cygnars waren ihr nach wie vor fremd, und sie waren wesentlich mächtiger, als die eigenen. Sie berührte Blake zitternd mit den Fingerspitzen auf der oberen Kante seines Brustbeins, direkt unter der Kehle. So zog sie die Energie durch ihn und er würde wissen, wann es zu viel wurde.
Es tat weh. Die Konzentration schwand.
Sirgal war schwindelig, doch sie ließ den Kontakt nicht abrupt brechen. Sie stöhnte leise.
Im Aussen begann Blake's Körper zu zittern und seine Augen rollten unter den noch geschlossenen Lidern hin und her, doch auf der geistigen Ebene brach er den Kontakt nicht ab- er überliess ihr voll Vertrauen Alles, was sie brauchte, würde es jedoch beenden, wenn ihre Schwierigkeiten es zu ertragen zu gross würden...
Er gab sich nach wie vor die Schuld an den Geschehnissen und wusste, dass er geliefert wäre, wenn Allister davon Wind bekam...Es war Blake's Waffe, welche Sirgal verletzt hatte; seine Waffe und seine Unachtsamkeit...Indem er ihr jetzt half, konnte er zwar seine Schuld in keinster Weise tilgen, aber wenigstens nicht komplett nutzlos sein, als wenn er garnichts getan hätte...
Sirgal konnte nur einen kleinen Bruchteil seiner Magie aufnehmen, die ihren Körper auf dieser Ebene in ein grelles, flammendes Rot von Schmerz stellte. Sie wusste, worauf sie sich einließ, als ihr magisches Geflecht aufleuchtete. Sie verbarg es nicht - Blake sollte wissen, dass das hier nciht so ohne Weiteres ging... Sie hauchte noch ein 'Danke', bevor ihr Abbild in seinem Geist verblasste.
Vor Anspannung zitternd saß sie gekrümmt vor dem Tisch, ihre Hand unter seiner liegend.
Die junge Heilerin, die sich um Blake gekümmert und die Tränke geholt hatte, sah es mit Sorge. "Lady... hören sie mich?"
Inwischen hatte der Schuss die halbe Feste auf die Beine gebracht.
Als sich ihr Abbild auflöste, drängte Blake mit aller Macht wieder an die Oberfläche in's Hier und Jetzt. Japsend schnappte er nach Luft und sah sich hektisch um, auch wenn sich der Rest seines Körpers eher langsam bewegte und im ersten Moment so anfühlte, als wäre er eine Treppe runtergefallen. Seine Hand schloss sich um Sirgal's und langsam sowie vor Anstrengung stark zitternd, drückte er sich hoch und schaute sorgenvoll und ernst auf die im ersten Moment bewusstlos erscheinende Frau. Vorsichtig strich sein Daumen über ihre Hand. "Sirgal...Hörst Du mich?", fragte er leise...
Amira hatte sich- unter der Bedingung sich am nächsten Tag nochmal zu einer Nachuntersuchung zu melden- nach Charly's Besuch und ihrem kleinen Ausflug kurzerhand selbst aus dem Lazarett entlassen. Nun war sie gerade die Stufen heraufgekommen und hatte sich schon gewundert, warum mit einem Mal so viele Soldaten hier drinnen herumrannten und eine ziemliche Hektik zu herrschen schien. Der Schuss war gefallen, als sie noch vor der Feste war, womit sie ihn nicht gehört haben konnte...Neugierig und dickköpfig wie sie nunmal war, ging sie der Hektik auf den Grund und steuerte die Behandlungsräume an...
Sie knirschte mit den Zähnen, um nicht aufzuschreien, als sich seine Hand um ihre Finger schloss... es würde ein paar Minuten dauern, bis das Netz sich beruhigte...
Erschrocken liess er ihre Hand langsam wieder los, als sie offenbar mit Schmerz reagierte. "Toll gemacht, Blake! Statt besser hast Du es nur noch schlimmer gemacht!", schoss es ihm durch den Kopf. Mit einem leisen Stöhnen wälzte er sich auf den Rücken und blieb dort mit geschlossenen Augen liegen. "Oh Morrow...Was habe ich nur getan...", flüsterte er leise, die Umstehenden völlig ausser Acht lassend.
Draussen hatte Amira stirnrunzelnd eine der Pflegerinnen aufgehalten. "Was ist denn hier los?", fragte sie und schaute sich dabei erneut nach den Soldaten um, "Da ist man kaum ein paar Stunden weg und schon bricht hier das totale Chaos aus..."
"Lieutenant? Gefangener?...Zivilistin angeschossen?!", wiederholte sie ernst und in ihrer Magengegend machte sich ein mächtig mieses Gefühl breit, "Oh Sch...Wer ist die Verletzte?" "Oh bitte lass' es nicht Sirgal sein!", ging es ihr durch den Kopf.
"Ich kenne die Frau nicht. Sie trug einen Armeemantel ohne Abzeichen, gehört aber nicht in die Truppe. Sie wird dort vorn behandelt." Sie wies Amira den Weg mitten in das Wespennest.
"Nichts... hast du getan... Dae", sagte Sirgal ganz leise.
"Lass' gut sein und ruh' Dich aus...", entgegnet er sanft, ändert aber seine Position nicht, "Nun ist es eh vorbei." Blake sah sein Schicksal bereits besiegelt.
"Danke.", meinte Amira knapp und stratzte strammen Schrittes durch die gewiesene Tür. Als sie durch den Vorraum am, wurde das Gefühl stärker und als sie die zweite Tür öffnete und Blake und Sirgal erblickte, entfuhr ihr ein teils entnervt, teils ungläubig klingendes "Och nee, oder?" und kurz darauf ein leise gegrummeltes "Und das am frühen Morgen...", als sie näher herantrat.
"Unsinn", widersprach Sirgal und richtete sich etwas auf. Amiras Ausspruch nahm sie mit einem Stirnrunzeln und Augenschließen zur Kenntnis. Dann sah sie Blake an. "Du hast niemanden willentlich getötet, Dae. Bei uns nennt man so etwas Notwehr."
Erst wollte Blake was erwiedern, schwieg dann aber doch lieber- diese Diskussion war sinnlos. Amira kam neben beide und musterte sie. "Lasst mich raten- Du bist die angeschossene Zivilistin und Ihr der angefallene Lieutenant- stimmt's oder hab' ich recht?", eigentlich wollte sie nicht derart sarkastisch klingen, doch A) nervte es sie irgendwo, dass sie, ihrer Meinung nach, wegen nichts zu einer überflüssigen Nachuntersuchung antreten sollte und B) hatte sie an dem Morgen weder Kaffee noch Frühstück gehabt. Sie ging neben Sirgal in die Hocke und suchte ihre Aufmerksamkeit. "Wurde es versorgt?", fragte sie nun deutlich ruhiger.