Lindhelen erstarrte und für Sekundenbruchteile geschah gar nichts.
Dann bebten ihre Lippen, ihre Züge.. ihr ganzes Wesen wie es schien und über sie fluteten wirre Wandel von Gefühlen, Lächeln, Tränen, Angst, Schmerz.. alles lesbar in ihren Zügen.. Freude und Not, Liebe und Leid, jeder Gegensatz der sich denken oder erspüren ließ.
Dann verschwand das Zittern aus ihren Zügen und wanderte in ihre Hände.. Sekunden.. Minuten vielleicht oder Stunden? Sie hätte es niemandem sagen können,w ie lange sie so verharrt hatte. Ihre Zähne gruben sich in ihre Unterlippe bis das Blut daran herablief und dann, mit einem mal, riss sie sich los, ein Aufschrei, ein zu Angst und Schmerz verzerrtes Gesicht, kein physischer Schmerz, nein - etwas anderes, tiefer.. viel tiefer.. Sie sprang auf und hastete hinaus, kaum ihre Schritte wirklich steuern könnend, die Hände weit vorgestreckt um nicht eine Wand zu treffen, fort.. nur fort von diesem Ort und den Menschen hier.. weit, weit fort und dorthin, wo das, was sie nun umso mehr begriff gewusst werden musste.
Die Harfe hatte sie stehen gelassen, sie hatte sie einfach vergessen.
"Jeran!" mehr sagte sie nicht. Dieser nickte nur und sprintete hinterher.
Tha'Risha sah Sirgal an und stand auf. "Sag jetzt bloß nichts. Das war nur ein kurzer Blick, keine nachhaltigen Dinge. Ein bisschen empfindlich die Gute." Dann wandte sie sich in die Richtung, in diedie junge Frau verschwunden war. "Wenn du magst, komm nach."
Jeran war geübter Krieger und er hatte einen Vorteil : er konnrte sehen. Es dauerte nicht lange, da hatte er sie eingeholt und griff sie am Arm. "Nicht doch, mein Kind..."
Lindhelen riss sich von ihm los und versuchte Raum zwischen sich und ihn zu bringen. Sie war sicher nicht kräftig und einem Krieger nicht gewachsen, aber in ihr tobte die Kraft, die Panik zu entfesseln vermochte.
"Geht weg.. ihr habt kein Recht, mich aufzuhalten! Verschwindet, wer oder was immer ihr seid!"
"Warum tust Du so etwas?" Sirgal war einfach nur entsetzt. Sie musterte Tha'Risha für Sekunden - und wusste: Noch eine Seele für immer zutiefst verstört. Und wieder hing es auch an ihr.
Sirgal humpelte zur Tür. "Mika - mach noch einen Becher Schokolade - sie wird ihn brauchen." Dann trat sie hinaus und sah sich um.
Tha'Risha rollte mit den Augen. "Verkneifs dir. Erstens hab ich sie nur einen winzigen Hauch sehen lassen und zweitens... Sie soll sich nicht so anstellen!" Damit war sie aus der Tür und folgte Jerkan.
Lindhelens Stimme wurde leiser wohl aber auch schneidender, als man es von ihr wohl erwartet hätte.
"Ihr werdet mich loslassen weil ihr kein Recht habt mich festzuhalten und wenn ihr es wagt Hand an mich zu legen, wird meine Lehrerin davon erfahren und ihre Schlüsse daraus ziehen also verschwindet.. geht.. von mir werdet ihr nichts mehr hören."
"Was sol ich denn hören wolleb?" klang eine weibliche Stimme - Tha'Risha. Sie kam näher. Sirgal humpelte, ergo war sie schneller und kam bei den beiden an. "Was rennst du denn weg?" fragte sie fast unschuldig.
Eine andere schneidende Stimme gesellte sich dazu - Die von Sirgal. "Lasst sie augenblicklich in Ruhe - das hier ist freies Land. Nicht Sel Tac'Zil oder Tal An'kir! Pfoten weg, Jerkan! Lass sie!" Sirgals hand wanderte zu ihrem Reitermesser.
"Ganz einfach - lasst sie in Ruhe! Alle beide! Reicht es Dir nicht, dass Du die junge Frau zu Tode geängstigt hast? Sie sagt nein. Also lasst sie in Ruhe."
Auch für Lindhelen sollte das sehr leise aber hörbare Geräusch zu identifizieren sein, als Sirgal das lange Messer zog... Ein reitermesser, so lang wie ihr Oberschenkel, für viele nur ein Langdolch, doch ein nützliches und extrem scharfes Werkzeug.
Lindhelen hörte das Geräusch sehr wohl. Ihre Lippen bebten, ihre Hände waren bleich und angespannt und wieder versuchte sie sich aus dem Griff des Mannes zu winden.
Tha'Risha schnaubte abfällig. "Ich kann ihr ja mal zeigen, was wirklich angsteinflößend ist. Du ziehst deine Waffe mir gegenüber blank? Gut zu wissen." Sie hob nur die Arme leicht an, hatte keine Waffe in der Hand. "Niemand ist unschuldig, das ist eine lächerliche Illusion."