Sirgal nahm die vertraute Gestalt wahr, sah aber nicht auf. Sie nickte knapp, den Blick nach wie vor auf die junge Frau gerichtet. "Ich habe sie zuletzt vor einem Jahr gesehen. Auf dem Fest der Drachen... Viel zu lange ist es her. Und ich vermisse sie." sagte Sirgal sanft. "Es ist so unglaublich viel geschehen seit dem. Manches hat ... ich..." sie brach ab und schüttelte mit leisem Stöhnen den Kopf.
"... manches hat Spuren hinterlassen" Ihre Stimme klang in diesen Worten ganz anders, als sie zuvor klang und so rasch es gekommen war, so rasch war es wieder vorüber.
Leise erneut und sanft, von Sorge und Schatten getragen sprach sie erneut: "Es geht ihr nicht gut.. seit wenigen Wochen ist sie... verändert" Die Schultern hoben sich, der Blick haftete auf dem Harfenbogen. "Sogar mich schickte sie nun fort - als würde sie niemanden um sich herum ertragen.. " Es schien, als wolle sie noch mehr sagen, mehr noch, als dränge es sie all das, was sie so sehr zu zerfressen schien aus ihrem Herzen zu lassen - doch sie schwieg.. wartete.
Sirgal seufzte, ließ Kopf und Schultern hängen. "Dann holt das Schicksal mich also erneut ein." Sie wandte sich ab, ging langsam weg. Den anderen den Rücken zuwendend verbarg sie die Tränen, die ihr in den Augen brannten.
Die dazugekommene Person schritt zu Jerkan, strich ihm wie beiläufig über das Haar. "Oh du spielst.." Es war nur ganz leise und auch nur für seine Ohren bestimmt. Dann bat sie Mika um einen großen Becher schwarzen Goldes. Ihr Blick fiel auf Sirgal, ihr entging wenig, dauzu kannten die beiden sich schon zu lange. Doch sie sprach es nicht an, nicht in der Anwesenheit der anderen. Das wprde sie selbst nicht wollen.
Ihr Blick hob sich, als sie die Schritte vernahm, als suche sie nach der Frau mit der sie gerade noch sprach. Dann entließ sie den Atem aus ihren Lungen ohne dass er Worte gefunden hätte und senkte das Haupt. Hätte sie lieber schweigen sollen? Sie wusste es nicht. Leise schließlich konnte man vielleicht gerade eben noch ihre Stimme vernehmen "Verzeiht.. ich wollte nichts Falsches sagen oder euch langweilen.."
Das Auftauchen der neuen Stimme ließ sie den Blick noch einmal kurz heben - eine sinnlose Geste wohl und doch .. als würde sie suchen..
"Jallil darf ich vorstellen, eine Schülerin von Cuirina," sagte Jerkan leise, um die Unterhaltung nicht zu stören. Tha'Risha winkte ab, als sie den 'Blick' der jungen Frau sah. Dass, was sie dachte, behielt sie für sich. Es würde früher oder später so oder so zur Sprache kommen. Tha'Risha, die es gewohnt war, Schwingungen, Farben und Strukturen von Magie wahrzunehmen, - denn wer einmal in den Chaoswüsten war, wusste wie reine Magie schmeckte, und würde überall danach gieren - nahm Platz. "Soso, die Legendenweberin..."
"Ihr langweilt mich weder, noch habt ihr etwas falsches gesagt." Sie würde die Betroffenheit und vielleicht auch den Klang der Tränen aus Sirgals Stimme heraushören können.
Sie lächelte, als sich die neue Stimme in ihrer Nähe ausmachen ließ - kein Argwohn, kein Misstrauen - mehr schien es, als genieße sie die Anwesenheit Fremder und während sie ihr Gesicht dieser Stimme nun zuwandte. "Ja, so nennt sie sich - oder andere sie wohl.. "
Dann vernahm sie Sirgals Stimme und wandte den Kopf sinnlos suchend "Und doch entnehme ich dem Klang eurer Stimme nichts als Schatten und Leid." Und leiser fuhr sie fort "So, wie aus der ihren.. was auch immer in diesen Wochen geschah, es ist seltsam und bedrohlich.. "
"Es liegt viele tausend Jahre - und doch nur einen Wimpernschlag in der Vergangenheit. Nichts, was wir tun, bleibt ohne Folgen. Niemand trifft sich ohne Grund. Ebenso wie wir uns heute hier treffen, musste ich auf meine Schwester treffen, dort in der Vergangenheit. Und so, wie ich ihre Wut, ihren Hass auf mich zog, so erinnert sich Cuirina heute daran." Sirgal schüttelte den Kopf, stand nach wie vor mit dem Rücken zu den anderen. "Ich habe Dinge getan, die ich nicht mehr ändern kann. Ihr Hass wird mich töten. Irgendwann." Sir hatte die letzten beiden Sätze leise gesagt, und doch hingen sie wie ein Omen in der Luft - greifbar und in diese Welt geholt.
Tha'Rishas Blick wurde wütend und ihre Hand ballte sich zur Faust. "Sie soll sich nicht wagen..." knurrte sie, denn sie hatte Sirgal nur zu gut verstanden.
"Mae ist nicht hier Tha'Risha." sagte Sirgal leise. "Doch ich werde dem Ruf auch weiterhin folgen. Ich fürchte sie nicht. Denn wenn es so sein soll, dann wird es so oder so dazu kommen." Jetzt drehte sie sich langsam um.
Lindhelen hielt den Blick auf die Harfe gesenkt, verbarg so ihre Züge ein wenig im Schatten den ihr Gesicht warf und eine Weile schwieg sie und ließ nur wirken, was sie gehört hatte.
Leise dann drangen die Worte von ihren Lippen die sich, viel zu hell eigentlich, kaum bewegten. "Warum sprecht ihr nicht weiter. Niemand ist gewillt mit mir zu reden oder mir zu erklären, was eigentlich geschehen ist. Nie sah ich den Blick eines Menschen so rasch brechen, nie das Leid in einem Menschen so schnell wachsen." Dann hob sie den Blick ohne wirklich einen Punkt zu fixieren. "Sie war voller Freude bedacht auf den Tag des Festes und dann - war es wie eine Krankheit, wie ein Fieber das sie im Schlaf heimsuchte.. es begann damit, dass sie keine Antwort mehr erhielt wenn sie des abends sang und dann.. "
Sie schüttelte den Kopf. Warum tat sie das hier eigentlich? Aye, sie suchte Frieden für ihr Herz, aber bei diesen Fremden hier? Ein kaum vernehmbares, stimmloses Seufzen entrang sich ihrer Kehle, dann senkten sich ihre blinden Augen wieder auf die Harfe.
Sirgal sprach ganz leise und ihre Stimme war rauh, denn die Worte fielen schwer. "Ich traf die, die sie vor vielen tausend Jahren einstmals war. Mae. Die sah in einem Kupfernen Herrscher ihren Sohn und zerbrach fast daran, sich zwischen dem Schutz der Stadt und ihrem Kind entscheiden zu müssen. Sie entschied sich für den Sohn. Meine Worte waren ungeschickt, ich war hart und in ihren Augen ungerecht, als ich ihr vorhielt, was ihr Sohn für uns ist. Welche Gefahr er bedeutet. Ich zog ihren hass auf mich. Das Band, dass uns seit den alten Kriegen verbindet, ist zerrissen. Cuirina, meine Schwester, erinnert wohl vieles davon - und auch, wer es war." Sirgals Stimme brach fast und sie schwieg.
Lindhelen zog die Brauen zusammen und hob auch das Gesicht etwas an. Die Worte schienen sie mehr als unerwartet zu treffen und eine Weile suchte sie sichtlich nach Worten. Dann war es mehr ein Stammeln was sie zustande brachte. "Ich.. ich dachte es wäre.. weil der Rote.. " Dann biss sie sich auf die Lippe, nahm einen tiefen, langen Atemzug um erneut anzusetzen. "Sie.. sagte nichts von derlei Dingen, wohl aber waren ihre Träume von Schmerz und Schreien begleitet. Aber wie kann es sein, dass ein Gefolgsmann des Kupfernen sie glauben macht, ihr Sohn zu sein?"