Ganz kurz hatte sich bei dem Lied, dass Amira in diese Schneelandschaft geführt hatte, ein Sonnenstrahl gezeigt, der aber wieder verschwand. Sirgal lag reglos auf der Seite im Schnee, mit blauen Händen und vom Schnee verkrusteten Kleidern. Unter ihrem Kopf ein Blutfleck - ganz so, wie Allister sie gefunden hatte, als er den Seinen das Aufgeben Kampf mit den Soldaten befohlen hatte.
Sie kniet sich neben der reglosen Gestalt in den Schnee und zieht sich noch in derselben Bewegung den Mantel aus, um Sirgal sorgsam darin einzuhüllen. Vorsichtig versorgt Amira die Platzwunde und fühlt den Puls, ehe sie sich neben ihren Kopf kniet und ihn sich in den Schoss holt. "Es wird alles wieder gut- vertrau' mir...", sendet sie einen sanften Gedanken aus, in der Hoffnung von ihr gehört zu werden. Den folgenden Text wählte sie nicht bewusst aus, er kam ihr einfach in den Sinn. Mit bedrückter Miene beginnt sie ein neues Lied, eines welches Bakal ihr einst vorgetragen hatte, als sie noch klein gewesen war und einmal Alpträume gehabt hatte...
"Wo Himmel und Erde einander berühr'n, ein glutroter Kuss. Kannst du´s sehn, kannst du´s spür'n? Farben verblassen, Ruhe kehrt ein. In dunklem Gewand zieht die Nacht herein.
Prinzessin schließe die Augen Schlafe nur seelenruhig ein Prinzessin, du kannst mir glauben, ich leuchte dir, fange Sterne dafür. Schlafe nur ein hier bei mir.
Schon funkelt es hell am Firmament. Hat je wer für dich all die Sterne gezählt? Ein Traum wird dich holen, dich auserwähl'n. Flieg mit ihm dahin, lass dir Märchen erzähl'n
Prinzessin schließe die Augen Schlafe nur seelenruhig ein Prinzessin, du kannst mir glauben, ich leuchte dir, fange Sterne dafür. Schlafe nur ein hier bei mir.
Prinzessin schließe die Augen Schlafe nur seelenruhig ein Und kann ich einmal nicht bei dir sein, so schleich ich mich in deinen Traum hinein. Schlafe nur seelenruhig ein!
Prinzessin schließe die Augen Schlafe nur seelenruhig ein Prinzessin, du kannst mir glauben, ich leuchte dir, fange Sterne dafür. Schlafe nur ein hier bei mir. Schlafe nur ein hier bei mir. "
Ein kämpferischer Ausdruck tritt auf ihr Gesicht, als die Geister auftauchen. Amira erhebt sich, breitet die Arme aus und stellt sich schützend über Sirgal. Eine unheimliche Aura umgibt sie. Wind kommt auf. Trommeln sind zu hören und eine schnelle Melodie fliegt im Sturm, als die Frau die Stimme erhebt. Sie würde nicht weichen. Um keinen Preis würde sie Sirgal im Stich lassen...
"Maiden, Worrier, Mother, Crone, Help us keep this land our own Rover, Guardian, Hunter, Guide, With us now forever ride!
Gold the down-sun spreads his wings Follow where the East-wind sings Brothers, sisters, side by side, To defend our home we ride!
Eyes of Hawks the borders see Watches, guard it carefully Let no stranger pass it by Children of the Hawk, now fly!
Speed of Deer, oh grant of these Swift to warn of enemies, Fleeter far then any foe Deer-child, to the border go!
Cunning as the Wolf-pack now, To no overlord we bow! Lest some lord our freedom blight, Brothers of the Wolf now fight!
Brave, the great Cat guards his lair, Teeth to rend and claws to tear Lead the battle, first to last, Children of the Cat, hold fast!
Hawk and Cat, and Wolf and Deer, Keep the Plains now save from fear, Brothers, sisters, side by side, To defend our home, we ride! "
Auch in der wirklichen Welt ist ein leiser Nachhall des Liedes zu hören und der Wind pfeift um die Scheune. Allmählich wird die Anstrengung für Amira stärker. Ihr Körper beginnt beinahe unmerklich zu zittern...
Sie lassen von Amira ab, zausen aber Sirgal Haare und Kleidung, wo sie sie erreichen können. Stücke gehen von Sirgal verloren... Fetzen, so wie sie aus den Mänteln der Geister fehlen.
Von Sirgal kommt keine Gegenwehr. Keine Reaktion. Nichts.
Das waren doch alles komische Figuren, das beste währe gewesen sie zu töten dann müsste man sich nicht mit ihnen herum schlagen. Aber Anweisungen waren Anweisungen.
Er schaute zur Tür wo sich nichts rührete und ging dann zu Sirgal die er Anstupste, mit der Hand. Er war in die Hocke gegengen.
"Oh Nein! So nicht, Freunde!", dröhnt Amira's Stimme dunkel über den Sturm, "Legt Euch gefälligst mit jemandem an, der sich auch wehren kann!" Mit flammendem Blick zieht sie eine Steinschloss- der von Allister nicht ganz unähnlich- und ihren leichten Säbel vom Gürtel. Mit schimmernder Klinge hackt sie nach den Geistergestalten, drängt sie zurück und schiesst dem Erstbesten, der der reglosen Sorgal zu nahe kam in den Kopf. Nachladen. Anlegen. Auf Distanz halten. Wie besessen wirbelt sie herum. Nein. Sie würde nicht aufgeben, sie nicht diesen Dingern überlassen...Und wenn sie dabei draufging...
In der realen Welt beginnt allmählich Blut aus Augen und Nase zu rinnen...Bei Amira Zeichen höchster Erschöpfung...
"NEIN!", brüllte Amira los und schützte Sirgal mit ihrem eigenen Körper, da sie im Moment keinen anderen Weg mehr sah. Der Sturm liess nicht im Mindesten nach. Ein silbriges Licht ging von Amira aus, als sie beinahe verzweifelt ihre Freundin zu schützen versuchte...
Als die Fesseln zerschnitten wurden, fiel Amira. Der Blick war nach wie vor starr, das Gesicht blass, das frische Blut glitzert warm im Feuerschein, die Lippen bewegen sich. In dem Moment, als der Wächter sie berührte, trat wieder ein ähnlicher Effekt wie bei der vorangegangenen Ohrfeige in Kraft. Der Mann würde eine plötzlich zunehmende Taubheit fühlen, würde fühlen, wie seine Kraft schwand...
Schlagartig zerfällt das Bild um Amira völlig und sie ist auf der grauen Ebene allein.
Mit einem unartikulierten Stöhnen, dass zu einem Keuchen wird, krümmt Sirgal sich und zieht die Hände vor den Leib. Aus kleinen Augen, deren Lider sie kaum heben kann, sieht sie den Wachmann an. "Ele?" fragt sie ihn, nicht registrierend, dass sie de'shineth spricht.