Es gab grade drei Dinge, die genau das verhinderten. Drei Freunde, die der Hilfe bedurften. Auch wenn sie im Gehen öfter strauchelte, auch wenn die Beine ganz offensichtlich nicht mehr wollten - Allister hatte erlebt, dass sie das wegschieben konnte. Sie hatte es ihm versehentlich bewiesen, als sie in die steile Wiese gestiegen waren und Viktor und Amira unten nach den Blumen suchten.
Sirgal sehnte sich nach Ruhe, doch den Gedanken ließ sie gar nicht erst zu. Mit steilen Falten zwischen den Brauen ging sie weiter, beobachtete, was vor sich ging.
Sie umgingen das Dorf und es wurde dunkel, als sie einen abgelegenenen Hof erreichten. Dort trieb man die Gefangenen in einer leeren Scheune zusammen und stellte Wachen für die Nacht auf. Bis auf Reste von feuchtem Stroh gab es hier nichts.
Ruhig und ohne zu laut zu werden, blieb Sirgal in der Nähe der Tür stehen. "Bringt alle Verletzten auf eine Seite. Wer ist noch Heilkundig und kann sich darum kümmern?" Da es durchaus einige gab, die sich darauf verstanden, überließ Sirgal es ihnen, sich um die anderen zu kümmern. Vier kleine Gruben wurden ausgehoben und darin Feuer entzündet, was auf dem harten Boden keine gefahr bedeutete. Der Rauch zog durch das ohnehin löchrige Dach problemlos ab.
Sirgal winkte ihre Freunde etwas abseits an eines der hinteren Feuer, und bat Kell, für ein Lager für Allister zu sorgen. Dann besah sie sich kurz die lage.
Amira hatte die ganze Zeit über geschwiegen. Dennoch war es unschwer zu erkennen, dass sie innerlich kochte- eine tickende Zeitbombe. Als sie in die Scheune gedrängt wurden, sieht sie sich kurz um. Die Lokalität erinnert sie nur allzu gut an ihren Schlafplatz in der Herberge, als sie noch klein war...bevor Bakal sie zu sich genommen hatte..."Luxus pur...", grummelt sie vor sich hin, "Fast wie früher."
Auch sie hilft beim Versorgen der Verletzten so gut es geht mit- so richtig unwissend war sie in dem Bereich ja nun wirklich nicht. Als die Arbeit erledigt ist, humpelt sie ebenfalls an das hintere Feuer, um sich ihrem Bein zu widmen, als ihr Blick auf Viktor fällt. Dann wandert ihr Blick nach oben zum löcherigen Dach und erhascht einen Blick auf den strahlenden Vollmond. Seufzend schüttelt sie den Kopf und quält sich erneut hoch, um vier Phiolen mit unterschiedlichem Inhalt, sowie einen kleinen Holzmörser aus ihrem Rucksack hervorzuholen. Dann zählt sie aus drei Phiolen eine bestimmte Kombination an kleinen verschiedenfarbigen Pillen ab und reicht sie dem Gunmage. "Hier. Runter damit- Du kennst das ja schon.", murmelt sie dabei und widmet sich anschliessend dem Inhalt der dritten Phiole. Hier entnimmt sie genau drei kleine tablettenartige 'Scheibchen' und mörsert diese zu einem feinen Pulver. Sie zögert kurz, als sie Schmelzschnee zum Auflösen verwenden wollte und greift dann doch nach der kleinen Flasche mit dem Schnaps, den sie sonst zum Desinfizieren von Wunden zu nehmen pflegte. Als Alles gut vermischt ist, reicht Amira den Mörser sammt Inhalt an Viktor weiter. "Damit dürfte es nicht ganz so wiederwärtig schmecken- schön austrinken.", meint sie, "Die Wirkung wird jedenfalls nicht beeinträchtigt."
Noch die Phiolen in der Hand, lehnt sie sich einen Moment lang mit geschlossenen Augen an die Rückwand der Scheune. Selbst im warmen Licht des Feuers wirkt ihr Gesicht blass. Amira atmet tief und ruhig, als sie ihre Sinne auf die Reise schickt. Das verhaltene Knistern der Feuerchen. Das Knirschen im Schnee, wenn die Wachen umherliefen. Ab und an ein Husten und Räuspern. Das Rascheln von Kleidung. Der Ruf eines Käuzchens in einiger Entfernung. Das 'leise Flüstern' der lebenden Körper in und um die Scheune. Auf den ersten Blick, sieht es so aus, als wäre Amira vollkommen weggedriftet...Doch der Schein trügt...Sie sammelt Informationen...
Allister lag wo er gefallen war, Sein puls pumpte nun wie bei einer Schienengelere,und seine gesichtsfarbe verändert sich von blass richtung gesünder. Irgendwann war er eingeschlafen.
er träumte: er stand neben seinem zerschundenen körper, der lange graue Mantel flattert in einem wind den nur er zu spüren vermag. er geht durch den Raum besieht sich die wachen und den Vollmond. Als er die scheune verlässt fällt sein blick auf eine eisfläche diesein bild wiederspiegelt: Der vertrocknete schädel im spiegel lächelt , er könnte auch garnichts anderes. 'So enden wir alle einmal...'
Sirgal war ungeahnt in ein ganz altes Muster gefallen. Sie ging durch die Scheune, wechselte ein paar Worte mit den anwesenden, besah sich den ein oder anderen Verletzten, vermied die Nähe einer bestimmten 'Alchemistin' und kam schließlich zu ihren Freunden zurück.
Sie kniete bei Amira nieder. "Nicht erschrecken. Ich bin es nur." Dann löste sie den Notverband und verschaffte sich einen Blick auf die Wunde, um diese neu zu säubern und zu verbinden.
Danach rieb sie sich die Hände mit Schnee sauber, wärmte sie am Feuer, bevor sie sich zu Allister setzte und dessen Kopf auf ihr Bein holte, um ihn besser überwachen zu können. Sirgal legte ihm eine Hand auf die Stirn, die andere schob sie in seinen Nacken und ließ sich vorsichtig auf einen inneren 'Blick' auf die verletzung ein...
Als Sirgal sie anspricht, zuckt Amira gehörig zusammen, da ihr die Stimme der Freundin laut wie ein Donnerschlag vorgekommen war. "Entschuldige bitte.", murmelt sie leise mit geschlossenen Augen, "Es ist alles ein wenig...lauter...wenn meine Sinne wandern..."
Dann schweigt sie wieder und lässt es ohne Murren oder Anzeichen von Schmerzempfinden zu, dass Sirgal ihre Wunde unter die Lupe nimmt. Der gut handbreite Schnitt befindet sich knapp oberhalb dem Ende der linken Beinschiene direkt über dem Kniegelenk. Er verläuft quer und ist am einen Ende etwas über eineinhalb Zentimeter tief und am anderen Ende etwas flacher. Die Naht war an dem tieferen Teilstück bis knapp zur Hälfte der Wunde aus- bzw. eingerissen und hatte so eine ordentliche Blutung verursacht.
Amira schweigt weiterhin mit geschlossenen Augen und 'lauscht' in die Nacht. Sie hofft auf der einen Seite Anzeichen ihres Falken zu finden, macht sich auf der anderen Seite jedoch keine allzu grossen Hoffnungen, da sie das Tier eigentlich an Bord des Luftschiffes gelassen hatte. Nur zu gern würde sie sich draussen umsehen...
Nach Allisters Überwachung sinkt Sirgal merklich in sich zusammen. Kein verletzter Knochen, er schlief inzwischen. Das würde morgen gehörige Kopfschmerzen geben, aber er würde es unbeschadet überstehen.
Sirgal geht durch den Kopf, was sie in so einer Situation mit Triss oder Kar'yann gemacht hätte - sich dahinter gelegt, ihm die Wärme des Feuers überlassen und an ihn geschmiegt sich fallen lassen, egal was noch kommen würde...
Mit einem leisen Schnauben und kaum hörbaren Ton, der ein halbherziges Lachen sein konnte, schließt Sirgal die Augen. Aber hier? Allister war weder Triss noch ihr Partner! Sie würde es nicht wagen, ihm so nah zu kommen.
Sie bettet Allister so, dass er ungestört weiter schlafen kann, zieht dann ihren Mantel aus und deckt ihn damit zu. Am Feuer ist es nicht so kalt und sie trägt immerhin den dicken Gambeson. Hauptsache, dass er nicht auskühlt, denn das wäre fatal. Sie erachtete ihn als wichtiger, als sich selbst, erst recht nach dem, was am Vortag passiert war. Dass Lloth das, was Sirgal getan hatte, vielleicht sogar gut heißen konnte, war ihr nicht in den Sinn gekommen.
Nach ein paar Minuten schläfriger Ruhe sinkt Sirgals Kopf langsam immer weiter nach vorn...
Mit einem Ächzen stemmt Amira sich hoch und es ist ihr anzusehen, dass ihr das Bein nun mehr Mühe bereitet. Es schmerzt und ist durch die Kälte ziemlich steif geworden, was sich in der Art zeigte, wie Amira es hielt, als sie aufstand. Wortlos pflückt sie ihr Schlafbündel auseinander und reicht die schwere Decke an Sirgal weiter. "Ich veruche mich mal draussen ein wenig umszusehen.", raunt sie leise und kaum hörbar und hinkt dann steifbeinig zur Wache bei der Tür. In einer defensiven Geste hält sie die Hände vom Körper abgespreizt, sodass der Mann sie gut würde sehen können. Was sie jedoch nicht verhindern kann, ist, dass ihre Augen- obwohl sie die Nachtsicht im Moment nicht aktiv nutzte- das spärliche Licht der Feuerchen zum Teil gespenstisch reflektierte. "Ich wollte mich nur erkundigen, ob ich wohl einem dringenden, natürlichen Bedürfniss nachkommen dürfte.", richtet sie das Wort an den Mann in Waffen. Ihre Stimme und ihr Gesichtsausdruck bleiben hierbei neutral.
"Da in der Ecke. Oder in Begleitung von Wachen" knurrt der Mann kurz angebunden. Er deutet auf eine löchrige Stallwand.
Sirgal nimmt die Decke zwar, ist aber inzwischen so matt, dass sie sie nicht mehr ausbreiten kann. Sie sitzt am Feuer, zusammengesunken und hält die Decke in der Hand...
Viktor hatte die Medizin entgegengenommen und geschluckt. Als er die in Schnapps aufgelössten Tabletten kommt verzieht er das Gesicht. "UAH, Mit Wasser ist das ja schon eckelhaft aber so ist es zu kotzen."
Er hilft auch etwas bei der Pflege der Verwundeten mit seinen Kenntnissen der ersten Hilfe. Als allen soweit geholfen ist setzt er sich zu Sirgal ans Feuer. "Ich weiss nicht aber ich glaube das Schlimmste momentan ist die Kälte für die Verwundeten. Und es wird wohl nicht wärmer..."
Sie hebt den Kopf fast wie in Zeitlupe und sieht ihn aus unendlich müden Augen an. "Die... Feuer müssen reichen. Es darf nur keiner dort liegen, wo das Dach undicht ist..." Ihre Sprache ist schleppend, als sei die Zunge schwer.
Der mann am Tor winkt zwei weibliche Soldaten zu sich. Ein dritter Mann kommt auch dazu. "Latrinengraben ausheben und Notdurft verrichten." ist die knappe Ansage. Man gibt Amira einen Spaten in die hand.
Sie nimmt schweigend den Spaten entgegen und einen Moment lang hat sie ein 'böses Bild' vor ihrem inneren Auge- der Kopf eines gewissen Hammerschwingers in Kombination mit einem gewissen Spaten...Doch dieses Bild drängt sie schnell bei Seite, ehe noch ein gehässiges Grinsen auf ihrem Gesicht erscheinen kann. Ohne eine Miene zu verziehen, hinkt sie in Begleitung ihrer Bewacher nach draussen bis an die Baumgrenze heran. Mühsam hebt Amira eine Grube aus und hockt sich schliesslich mit dem Rücken und dem halb ausgestreckten kaputten Beim umständlich darüber. Um sich im Anschluss zu säubern, zieht sie einen Stoffetzen von ihrem Gürtel und verbuddelt hinterher alles fein säuberlich. Die Hände werden schnell mit Schnee 'abgespült', wobei sie den Spaten vor den Füssen der einen Wache abgelegt hatte, da sie damit rechnete, dass man ihn ihr eh kurz darauf wieder abgenommen hätte. Auf dem Rückweg zur Scheune lässt sie sich Zeit und nimmt scheinbar Rücksicht auf ihre Verletzung- dabei schweift ihr scharfer Blick jedoch aufmerksam durch die Gegend. Amira achtet dabei peinlich genau darauf, dass man ihre Augen dabei nicht zu sehen bekam- das leicht rötliche Glimmen, hätte ihr nur unliebsame Aufmerksamkeit eingebracht. Sie merkt sich die Positionen der einzelnen Posten und prägt sich ihre Umgebung ein. Auch hält sie nach ihrem Vogel Ausschau- einen Moment lang glaubt sie das Geräusch von Flügeln gehört zu haben, war sich dessen allerdings nicht ganz sicher...
"Klar vergebe ich dir...Wofür denn?" antwortet Viktor. Er schaut leicht verwirrt, da er keinen Grund sieht das sich Sirgal bei Ihm entschuldigt. "Nimm es mir nicht übel aber ich glaube du solltest auch etwas schlaffen, du siehst nicht besonders gut aus. und ich versprech dir ich werde dir nicht nochmals von meiner Energie abgeben, nicht nachdem was letztes mal passiert ist." fährt er fort. "Aber ich habe da eine Idee, nur eine Frage hast du etwas gegen Brandwunden? Nur sicherheitshalber..."