Trotz des Gerennes war Fox irgendwie eiskalt und ruhig. So etwas war sie gewohnt und es brachte sie nicht aus der Fassung. Gut - das hier war entfesseltes Wasser und Feuer, doch Fox war lange in den Kriegsgebieten gewesen und so wusste sie, Ruhe zu bewahren und Situationen einzuschätzen. Noch war das Wasser nicht da.
Die Stadt mit ihren zum Teil engen gassen war nicht der sicherste Ort - die Feste schon eher. Doch wenn sie das ansah, was da kam, würde es diesen Felsbrocken glatt einfach überrollen. Die Schmugglerinseln waren nicht sehr hoch.
Gab es denn keine Sturmsänger hier? Fox packte im Menschenstrom zu und griff sich jemanden heraus. "Sturmsänger?" fragte sie nur. "WO?"
Vermutlich würde einer die Wand nicht verhindern können, aber eine schneise schlagen oder sie abmildern...
Nach der Unterhaltung mit Kyrillas und Fox war Amira samt Pferd aus einem Seitentor am Hafen hinaus und gemütlich an der Küste im seichten Wasser entlanggeritten, sodass die See gerade bis über die Hufe des Pferdes ging.
Zumindet solang, bis Dhashur aus einem unerfindlichem Grund anfing zu scheuen. Das grosse Pferd warf mit rollenden Augen den Kopf hoch und stieg schliesslich tänzelnd auf die Hinterhand, wobei es eine heiser klingende Mischung aus Wiehern und Schnauben ausstiess. "Ruuuuhig, grosser Bruder!", versucht Amira das Pferd zu beschwichtigen, und hält sich mit Mühe im Sattel. Am ganzen Körper zitternd und wie eine Feder gespannt, kommt das Pferd schliesslich stocksteif zum Stehen. Seine Ohren spielen nervös in Richtung Reiterin und sein Atem klingt beinahe wie eine Dampflock. "Was ist denn los?", fragt sie ihr Pferd mit dunkler Stimme und streichelt beruhigend seinen Hals. Dabei fällt ihr Blick nach unten und damit zwangsweise auf das Wasser oder vielmehr dahin, wo das Wasser hätte sein sollen- das Wasser war weg. So ziemlich im gleichen Moment spürt nun auch Amira das unterschwellige, Unheil verkündende Vibrieren und Grollen.
Aus einem Impuls heraus blickte sie auf das Meer hinaus...und ihre Augen wurden gross. So ziemlich im Gleichen Moment drang das Alarmsignal vom Hafen an ihr Ohr. "Was im Namen der Neun Höllen...", kam es beim Anblick der Wasserwand flüsternd über ihre Lippen. Sowas hatte sie noch nie gesehen. Sie hatte Sandstürme in der Wüste und auch Herbststürme auf See überstanden, doch das hier war viel gewaltiger. Ihr Blick schiesst zum Hafen, wo aus einem der Seitentore soeben ein Graues Pferd herausgeschossen kam und bergauf Richtung Festung preschte. "Gut so...Lauf, mein Mädchen.", murmelte sie bei dem Anblick ehe sie Dhashur herumriss und auf die Mauern zuraste.
Im Geiste ging sie eine 'Liste' von Personen durch. Falk müsste oben in der Festung sein, ebenso wie Viktor und Allister; Nana und Collin waren hoffentlich auch gerade in der Festung und belieferten wieder das Lazarett mit Hühnersuppe. Aber Kyrillas war unten im Hafen gewesen und Carter ebenso. Sie weiss, dass sie in den engen Gassen keine Chance hatte, die Geschwindigkeit Dhashur's voll auszunutzen, doch sie hegte die Hoffnung wieder rechtzeitig aus den Mauern herauszukommen, um es der Stute gleichtun zu können- aussen an der Mauer zum höchsten Punkt hinauf.
Von einem lauten Protestwiehern begleitet, bringt Amira Dhashur auf dem Hafenplatz kurz zum Stehen und schaut sich hektisch um, in der Hoffnung von ihrer erhöhten Position einen Blick auf den Grabenkämpfer und die Neue zu erhaschen.
Kyrillas drengte sich zurück, er hatte beschlossen doch ausschau zu halten. Irgend ein Gefühl sagte ihm das was war. Nach einigem schupsen und drängen war der Grabenkämpfer wider am Hafenplatz.
"Den Mantel kenn' ich doch!", schiesst es Amira durch den Kopf. Eine kleine Hilfe genügte und das grosse Pferd sprang erneut vorwärts, um schlitternd und protestierend neben dem Grabenkäpmfer zum Stehen zu kommen. Die Frau beugt sich herunter und hält Kyrillas eine Hand hin. "Komm' rauf!"
"Verdammt!", knurrt Amira vor sich hin, während sie alle Mühe hatte, Dhashur davon abzuhalten, seinem Fluchtinstinkt nachzugeben und kontrolliert vorwärtsritt, parallel zum Wasser wieder in Richtung Seitentor. "Wo?!", rief sie über den Lärm hinweg, während sie aufpasste, niemanden unbeabsichtigt niederzureiten.
Viktor war in der Festung auf dem Schiesstand und übte mit seinem neuen Bogen, als er die Alarmglocken hört.
Er rannte wie auch sämtliche anderen Personen in Richtung des Sammelpunktes um zu erfahren was geschah.
Als er ankam vernahm er bereits die Schreie der Wachoffiziere: "SPRINGFLUT!". Er rannte auf die Maueren, er wusste das Allister bereits die Informationen bekommen hat die er brauchte.
Als er nach unten blickte sah er in Entfernung die Wassermauer kommen und auch die schreinde Masse von Menschen die versuchte rennend von der Stadt in die Festung zu fliehen. Er rannte weiter zum Tor und fing an Befehle zu brüllen: "Öffnet die Tore so weit es geht! Leute raus um die panisch fliehenden Zivilisten zu ordnen damit hier keiner zu tote getrammpelt wird. Den Lagerraum sicheren und bringt die schweren Balken um das Tor später zu verrammeln."
Das grosse Pferd gerät kurz vor dem Seitentor einen Moment lang ins Straucheln, konnte sich im letzten Moment noch fangen. "Halt Dich gut fest! Gleich legt er los!", brüllt Amira über die Schulter. Nur wenige Sekunden später war das Tor passiert und beinahe wie von selbst warf sich das Tier herum und rannte an der Mauer entlang und damit weg von der Küstenlinie den 'Berg' zur Festung hinauf. Obwohl es bergauf ging und zwei Reiter auf seinem Rücken sassen, legt das grosse Tier mit jedem Galoppsprung an Geschwindigkeit zu- um es ihm leichter zu machen, steht Amira in den Bügeln ein wenig auf und beugt sich tief über den Hals ihres Reittieres. Sie wagt es nicht nach hinten zu blicken und hofft, dass Kyrillas keine allzu grossen Schwierigkeiten hatte, sich hinter ihr auf dem Pferd zu halten. "Schneller, Dhashur! Lauf!", ruft sie gegen den Wind und es schien, als wüsste das grosse Pferd, was von ihm erwartet wurde- immer schneller flog der Boden unter ihnen dahin.
Fox war in ganz anderen Schwierigkeiten. Die Seitenwand eines hauses stürzte ein und ihre ohnehin vorn weißen haare waren binnen Sekunden vom Staub völlig grau. "Na toll", fluchte sie, schleifte den Mann beiseite und schickte ihn weg. Sie half noch, zwei leute aus den Trümmern zu ziehen, dann machte sie sich wieder auf den Weg Richtung festung.
Das Wasser kam. Schnell, drohend und unaufhaltsam. Die ersten Wellen waren noch klein, und schlugen schon donnernd an die Fluttore...
Amira hörte es nicht- und selbst wenn sie es vernommen hätte, hätte sie andere Sorgen, als sich über ein paar Flaschen Stoff Gedanken zu machen. Kurz darauf tauchte vor ihnen in der Entfernung ein Grau-Schwarzer Punkt auf und das Pferd unter den beiden stösst ein schrilles Wiehern aus- gegen den Wind konnten beide nicht hören, dass der 'Punkt' antwortete...
Oben im Torraum hatte auch Traz ganz besondere Sorgen. Immer wieder sah er hinauf zu dem Kristall. Es hatte in den Jahren schon viele Springfluten gegeben, auch Erdbeben. Doch noch nie waren so viele Bewohner auf der Insel gewesen! Er hatte nie mit Allister über ein solches Szenario gesprochen. Doch jetzt war der Alte Hüter entschlossen zu helfen. Er rief eine der Wachen zu sich und beorderte: "Sick herunter, was krank und schwach ist. Frauen, Kinder. Verletzte. Hier sind sie sicher! Man kann diesen Bereich versiegeln..."
Der Grabenkämpfer sah neben Amira nach vorne und sah den Punkt in der Fehrne. Das war wohl die Graue, eben jenes Pferd auf dem er auch schon geritten war.