Eine Sache würde ihnen helfen... Die Feste stand annähernd auf einem der höchsten Punkte der Schmugglerinseln. Überall in Richtung Wasser fiel der Fels steil ab und war tief gefurcht. Natürliche Abflüsse aus Jahrtausenden.
Doch im Augenblick waren all die scharfkantigen und gefährlichen Dinge rund um sie herum - und es war nur eine Frage der Zeit, wann die ersten treffen würden.
Vor der Feste versuchten hilfreiche Hände die Leute aus dem Wasser zu ziehen, was bei vielen auch gelang - aber noch mehr waren außer reichweite oder einfach nicht zu sehen in der grauen Flut.
DAs Wasser stand so hoch, dass das Pferd überspült wurde - und der Sog des Wassers war kräftig genug, es dem Braunen schwer zu machen. Er würde schwimmen müssen...
"Dann fang' an zu beten!", kam es mit rauher Stimme zurück. Amira's Blick huschte über die Umgebung. Sie würden keine Chance haben auszuweichen, wenn die Trümmer ungünstig bei ihnen ankamen. Die einzige Alternative wäre, den Schutz der Mauer zu verlassen, um beim Rücksog von den Wassermassen mitgerissen zu werden. So oder so- sie waren so ziemlich am Arsch.
Dhashur schien Ähnliches zu erahnen, denn er hatte den Kopf hoch erhoben und zurückgeworfen. Aufgerissene Augen, in denen das Weisse zu sehen war, zusammengekniffene Nüstern und angelegte Ohren unterstrichen das angstvolle Gemisch aus Wiehern und Schnauben, dass das Tier im Moment von sich gab. Amria begann in einer kehlig klingenden Sprache auf das Pferd einzureden, woraufhin der Dunkelbraune zumindest ein Bisschen ruhiger wurde. Die Graue Stute hatte sich dicht hinter Amira's Pferd gedrängt und wieherte immer mal wieder panisch. Als er das Schwimmen anfangen musste, versuchte Amira ihn soweit zu entlasten, ohne selbst weggerissen zu werden. "Heilige Göttin Hekate, ich rufe Dich, steh' uns bei!", knurrte sie unbewusst hinter zusammengebissenen Zähnen- etwas was sie seit beinahe einem Jahrzehnt nicht mehr getan hatte.
Amira hörte ihn schon nicht mehr- sie beherrschten gerade nur noch ihre Instinkte. Automatisch hielt sie sich schwimmend über dem Rücken ihres Pferdes, auch wenn sie dabei arg kämpfen musste, um auf der einen Seite durch ihre inzwischen vollgesogenen Klamotten nicht abzusaufen und auf der anderen Seite nicht abgetrieben zu werden. Es kostete sie alle Kraft Dhashur halbwegs in Position zu halten. Wäre sie noch klar bei Sinnen, hätte sie wohl gehofft, dass das alles schnell vorbei wäre, doch für den Moment hatte sich ihr Überlebensinstinkt an die erste Stelle gedrängt. Ein Teil von ihr erwartete die ersten 'Einschläge' und das damit verbundene- im Moment sehr wahrscheinliche- Durchdrehen des Pferdes unter ihr...
Als Viktor das Wasser kommen sah, rang er mit sich selbst. Er wollte warten aber er wusste, dass wenn er zu lange zögerte er die gesamte Festung zum Tode verurteiln könnte, ihm blieb keine Wahl. Als das Wasser anfing seine Füsse zu berühren liess er die Männer die draussen waren zurück rufen und als es seine Knöchel erreichte mumelte er leise zu sich selbst, an die gerichtet die noch draussen waren: "Möget ihr und Morrow mir vergeben." Und er brühlte denn Befehl: "Schliesst das Tor, verammelt es, runter mit dem Gitter! Und werft Taue von den Zinnen."
Auch Kyrillas begann zu Schwimmen. Mit den Beinen versuchte er sich fest zu halten am Pferd. Er hoffte das das Wasser nicht noch mehr steigen würde, denn wenn dies der Fall währe würde es immer schwiriger sein.
Sein Blick glit über die Wasserfläche, in der Hoffnung nichts zu sehen was sie treffen konnte.
Verfluchte Scheisse! Warum kann ich nicht ruhig am Feuer sitzen in einer Taverne, warum?
Allmählich wurde der Kampf zur Qual. Die mit Wasser vollgesogene Kleidung, das um diese Jahreszeit hier oben immer noch eiskalte Wasser, Salzwasser in den Augen nahm ihr nach und nach die Sicht und schien ihr regelrecht in die Nase zu kriechen... Einem Teil von ihr war so, als könne sie die Schreie der Menschen hören, auch wenn es wohl eher die erbärmlichen Geräusche waren, die die beiden Pferde momentan von sich gaben, so sie denn die Luft dazu hatten. "Ich bitte Euch aus tiefster Seele- verschont die, die mir lieb und teuer sind...", geht es ihr einen Sekundenbruchteil lang durch den Kopf.
Es dauerte nur Minuten, die die Welle ihren höchsten Stand hatte, als sie die Inseln überrollte - doch es kam wohl allen wie eine halbe Ewigkeit vor.
Als das Wasser sank, hatte Fox schon lange keine Kraft mehr gehabt, sich an dem Sims festzuhalten, und so lag sie irgendwann halb auf, halb in einem Trümmerhaufen in der Nähe der Mauer und war sich für Momente der Umgebung nicht mehr bewußt.
Mit dem Schwinden des Wassers kamen die Trümmerteile. Irgendwie schaffte Amira es sich neben dem Kopf ihres Pferdes zu halten und so vor dem Gröbsten abzuschirmen- so konnte sie jedoch nicht verhindern, dass der Rest des Körpers, sowie die Stute teilweise getroffen wurden. Ein Teil von ihr hoffte, dass die Verletzungen nicht allzu schlimm waren und der andere Teil kämpfte verbissen darum nicht abgetrieben zu werden.
Dhashur war wohl nur noch nicht völlig wahnsinnig geworden, da Amira ihre Arme um sein Genick und seinen Kopf geschlungen hatte, um die Augen abzuschirmen und zu helfen, die Nüstern über Wasser zu halten. Es schien ihr, als würde das grosse Tier von Zeit zu Zeit regelrecht schreien. Sie selbst spürte auch den einen oder anderen Schlag an verschiedenen Stellen, kümmerte sich jedoch im Moment nicht weiter darum. Nur noch ein Bisschen, bald hätten sie wieder Boden unter den Füssen...
Irgendetwas traf sie schmerzhaft am Hinterkopf und in die linke Seite- Sterne tanzten vor ihren Augen, als sich ein Fluch von ihren Lippen löste. Einen Moment lang wurde Amira von einer heftigen Bewegung des Pferdekopfes unter Wasser gedrückt, tauchte jedoch schnell wieder auf. Sie schnappt nach Luft.
Der Pegel begann schliesslich merklich weiter zu sinken und bald hatten die Pferde wieder festen Stand. Amira blieb trotzdem neben dem Kopf ihres Tieres.
Nach der Welle kam die Dunkelheit. Ein dämmriges Zwielicht lag über der Insel und machte den Tag zur Nacht.
Kalt, zitternd und zerschlagen raffte Fox sich auf - wohl wissend, dass sie sich selbst helfen musste. Nicht ganz einfach, so eingekeilt, wie sie war. Sie hing bis zur Hüfte fest. Fluchend wand sie sich wie ein Aal.
Zitternd und keuchend kamen Mensch und Pferd schliesslich wieder zum Stehen, gerade noch über genug Kraft verfügend, sich auf den Beinen halten zu können. Es dauerte einen Moment lang, ehe sie sich zu rühren vermochte. Ihr Hinterkopf und die linke Seite brannten wie Feuer, die Sicht war leicht verschwommen und irgendwie schien sich gerade alles zu drehen, aber das musste im Moment warten. Einen Augenblick lang starrte die rothaarige Frau auf ihre Hände, ehe sie sich aus ihrer Starre zu lösen vermochte. "Ist es vorbei?", murmelt sie mehr zu sich selbst, "Wo zum Henker..."
Amira wandte den Kopf zur Seite, sich die Bescherung anzusehen. Überall lagen Trümmer herum. Ihr seltsamer Blick fiel schliesslich auf Kyrillas. "Alles in Ordnung mit Euch?", fragte sie, ehe sie sich an der Seite ihres Pferdes entlangtastete und dessen Blessuren in Augenschein nahm. Die Seite, die der Mauer zugewandt gewesen war, war anscheinend unversehrt, die andere Seite jedoch, wiess einige schmerzhafte Risswunden auf, Vorsichtig betastete sie die Stellen, was dem Pferd ein unterdrücktes Wiehern entlockte. "Ist ja gut, mein Pferdchen, lass' mich sehen...", spricht die Frau mit dunkler Stimme auf das Tier ein. "Wie sieht das Graue Pferd aus?", richtet sie eine Frage an den Grabenkämpfer, ohne aufzublicken.
Viktor wartete bis das Wasser wieder weit genug abgeflossen war, während dieser Zeit wurden die Verwundeten an die Heiler zu verwiesen, die Unverwundeten beruhigt und zur Arbeit eingeteilt.
Als dann das Wasser abgeflossen war: "Tore auf. LOS. Suchen und Bergen! Und ich will eine Wache auf der Mauer falls eine zweite Welle kommt."