"Gut. Einer hält sie fest der andere kommt zu mir." Sie kramte in ihrer Tasche und holte ein Beißholz heraus. "Das da in ihren Mund..." Sie sah zu Ry'Kah:"Beißt drauf, so fest ihr könnt. Es wird gut tun."
Ry'Kah ließ es zu und schloß die Augen. 'Oh nein, nicht das...' dachte sie - und die Entwürdigung ließ sie unter der dunklen Haut erröten. 'Was für ein Bild der Hohepriesterin... Du musst Haltung bewahren... '
Ein Sargtlin setzte sich zu ihr. "Malla Jabress..." Der andere trat zu Kharen und wartete auf Anweisungen.
Kharen ahnte, dass diese Behandlung einer Drow nicht gerade würdig war, aber von Magie hielt sie wenig und mit Tränken konnte sie nicht dienen. Sie flickte Verwundete zusammen, richtete Knochen und operierte, also eher das schmutzige Feldschergeschäft. Für sanfte Methoden waren andere zuständig. Kharen war gut in ihrerm Beruf, auch wenn die Art und Weise bei vielen eher das Bild eines Metzger in den Sinn kam. Egal, sie war gut!
"Gut, du hälst sie fest und du wirst, wenn ich den Knochen gerichtet habe, das Bein festhalten, damit ich es schienen kann. Aber ihr fangt erst an, wnen ich es sage." Dann trat sie an Ry'Kah heran. "Ich weiß, das wird wehtun, aber da musst du jetzt durch." Sie betastete das Bein, wo der Unterschenkel gebrochen war. Sie konnte die Stelle fühlen und hatte eine Vorstellung von dem, was sie tun würde. Dann befühlte sie das andere Bein. Hier war die Schwellung massiv und sie spürte kaum etwas. Kharen runzelte die Stirn und fluchte leise. Doch es nützte nichts. "Ich werde das zweite Bein operieren müssen, das bloße Ausrichten würde nichts nützen." Sie sah Ry'Kah an. "Das wird sie ohne Betäubung nicht überstehen."
Schon das bloße Abtasten ließ Ry'Kah unwillkürlich zusammenzucken, doch sie unterdrückte den Reflex, sich der Hand zu entziehen. Noch etwas anders musste die Priesterin tun - die eigene Magie unterdrücken, um sich nicht im Reflex mit allem was sie hatte, gegen den Schmerz zu wehren.
Den beiden Gardisten war es sichtlich unangenehm, das hier zu tun. Wenn es sich um einen aus den eigenen Reihen gehandelt hätte... aber die Ilharess? Jener, der bei Ry'Kah saß, legte ihr die Hände auf die Schultern. "Verzeiht..." Der Andere stellte sich zu Kharen und nickte.
"Dann besorgt mir jemanden, der mir assistieren kann. Ein starkes Schlafgift und jede Menge sauberer, und ich meine wirklich saubere, Tücher!" Kharen sah Ry'Kah an :"Bist du in irgendeiner Weise konditioniert oder gibt es sonst was, das ich wissen muss?"
Der Soldat nahm Ry'Kah das Beißholz ab, damit sie antworten konnte. Leise und gepresst antwortete Ry'Kah: "Meine Konditionierung liegt im mittleren Bereich - meine Magie sollte ich unterdrücken können, um Dir nicht zu schaden. Wenn Du Fehler machst, wirst Du ganz Sel Tac'Zil gegen Dich haben... sei achtsam."
Der Soldat hob den Blick und ergänzte: "Ein Fehler oder unnötiger Schmerz, den Du der Ilharess zufügst, und wir werden uns mit Dir beschäftigen."
Diese Aussage förderte nicht gerade ihr wohlbefinden. Kharen räusperte sich und bereitete alles vor. Sie kramte in ihrer Tasche und holte ein Glasröhrchen hervor. Sie mischte das Pulver mit Wasser und flößte es Ry'Kah ein. Dann holte sie ihre Uhr hevor. "5...4...3...2...1...."
Ry'Kah wurde schläfrig - der Verstand noch wach, aber der Körper nicht mehr in der lage zu reagieren... Panik zuckte in ihr auf. Was, wenn die Heilerin... sie konnte nicht einmal mehr die Lider heben oder sich bemerkbar machen. Einzig die Frequenz ihres Herzens schoß nach oben, der Puls raste.
Der gardist hatte noch immer die Hände auf den Schultern der Priesterin liegen. Er fragte: "Ist das normal? Ihr Herz rast..."
Ein kalter, abschätzender Blick traf sie und da der andere Gardist etwas schräg hinter ihr stand, konnte sie die Hand, die zum Schwertgriff fuhr, nicht sehen. "Was wollt ihr tun?"
Ry'Kahs verstand arbeitete auf hochtouren - und plötzlich wurde alles dunkel und still. Das Mittel wirkte. Etwas verzögert durch die hohe Konditionierung, aber vollständig und ausreichend. Das Herz, das raste, beruhigte sich - und die am Hals gestauten Adern verschwanden.
Sie fühlte den Puls und atmete erleichtert auf. "Abwarten und jetzt mach Platz." Sie schob den Gardisten beiseite und wandte sich dem dick geschwollenen Bein zu. "Sag Bescheid, wenn sich irgendwas ändert. Egal was." Dann nahm Kharen das Skalpell und schnitt Schicht für Schicht auf. Es blutete stark, doch sie hatte es unter Kontrolle. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie zum Bruch vorgedrungen war. Sie riss die Augen auf, das hier bedeutete Arbeit. Kharen begann die Fragmente wieder auszurichten und verband diese mit kleinen metallenen Plättchen. Die Drow würde sie dann wohl nochmal aufuschen müssen, aber besser, als das Bein zu verlieren. Sie schwitzte und es schien ewig zu dauern. Endlich war sie fertig. Sie winkte sich einen Gardisten zu und beschrieb ihm, wie er das Bein zu halten hatte. Dann vernähte sie alles, beträufelte die Nahtstelle mit entzündungshemmender Salbe. Dadrauf dann dicker Verband, eine enge stabile Schiene, die nochmals mittels Verbände fixiert wurde. Das schlimmste war überstanden.
Das andere Bein ging mit der Hilfe des Gardisten recht flott, sie zog erst am Bein, richtete so den Knochen aus und schiente ebenso. "Das sollte genügen," meinte sie, als sie sich den Mundschutz und die blutigen Handschuhe auszog. "Sie sollte auch bald aufwachen..."; sagte sie und fügte in Gedanken hinzu :"Hoffe ich."
Der Gardist, der am Kopf bei Ry'Kah saß, beobachtete zum Teil das blutige handwerk der Heilerin, zum Anderen überwachte er die Atmung und den Puls der Priesterin. Sie war völlig ruhig und schien von all dem nichts zu spüren. Der Wächter schluckte schwer, als er das aufgeschnittene Bein - bzw. die blutige Masse in seinem Inneren sah. Wenn sie jetzt aufwachte... nicht auszudenken. Er spielte mit den Fingern in Ry'Kahs langen, weichen Haaren - und errötete, als er sich dabei erwischte.
Als nach langer Zeit endlich alles verbunden war, war er ebenfalls erleichtert. Die Ilharess lag ruhig und reglos. "Bella dos, Heilerin. Was ist Dein Lohn?" fragte er Kharen.
"Darüber können wir immer noch sprechen. Sie muss mich eh noch einmal aufsuchen." Sie hatte sich mittlerweile auch den Kittel ausgezogen und besah sich ihre Ausrüstung, die völlig blutig war. "Für den Anfang kannst du das mal auswaschen lassen."
Er nickte und wies den anderen an, alles einzusammeln und säubern zu lassen. "Ihr habt ein großes Werk getan... Der Dank der großen Mutter wird euch sicher sein. Auch dass ihr der malla Ilharess Schmerz und unwürde erspart habt."
Ry'Kah unterdessen kam zu sich - bewegte sich nicht, sondern öffnete nur die Augen einen Spalt weit. Sie lauschte dem Gespräch.
"Ich habe das getan, was ich sonst auch tue." Kharen trank den Met aus. "Es war allerdings recht knapp, sie hätte auch das Bein verlieren können. Die Schwellung war immens und hätte..." Sie stockte. Wieso sollte sie einem Soldaten erklären, was vorgefallen war. Er würde sich dafür eh ncht interessieren. "Sorg dafür, dass sie die nächsten Wochen Ruhe wahrt, wenn sie wieder laufen will."