Aus einem Reflex heruas strich sie ihm sanft über die Haare, bevor Sirgal sich erhob und kurz bei Viktor niederkniete und sich überzeugte, dass auch der keinen großen Schaden genommen hatte. Sie besah sich die Schusswunde, musste aber feststellen, dass sie am verheilen war.
Als sie ihn versorgt und sicher wusste, wandte Sirgal sich ihrem Sorgenkind Amira zu. Das Atemgeräusch machte ihr schon eine ganze Weile sorgen, und sie fluchte leise, als sie mit der Hand über die zerstörten Rippen strich. DAs hier würde sie wieder an ihre Grenze bringen - aber es musste sein. Vorsichtig schob Sirgal die Hand in Amiras Kleidung, legte ihr die Andere in den Nacken, um Hautkontakt zu haben, was es ihr leichter machte. Auf der rein körperlichen Ebene bleibend, machte Sirgal sich daran, den Heilzauber zu sprechen - auch wenn sie mit heftiger gegenwehr rechnen musste. Amira hatte so nicht viel Bewegungsfreiheit. Kurz ging Sirgal das Wort 'Folter' durch den Kopf, dann aber beschloss sie, den Gedanken auszublenden. Sie war mehr als eine halbe Stunde beschäftigt, zu richten, was an Verletzungen da war... und spürte ihre Kraft schwinden.
Plötzlich schien es ihr, als sei sie in gleissendes Licht gehüllt, als ihr Geist durch Sirgal's Zauber wieder wachgerüttelt und in die Realität zurückkatapultiert wurde.
Erst begriff Amira nicht, was mit ihr passierte. Greller Schmerz schoss durch ihren Körper, als Sirgal die durch den Tritt geborstenen Rippen richtete, von deren Splittern mehrere den Weg in ihre Lunge gefunden hatten. Urplötzlich riss Amira die Augen auf und zerrte wie blind an ihren Fesseln, als sich ein nur halb unterdrückter, gurgelnder Schrei von ihren Lippen löste. Mit verzerrtem Gesicht legt sie den Kopf in den Nacken und versucht vergeblich zu entkommen. Im Moment reagierte sie nur, dachte in keinster Weise. "Schmerz. Muss weg.", war alles, was einen Moment lang wie eine Art Gedanke durch ihren Kopf schoss. Die Frau schnappt nach Luft- jedoch eher schlecht als recht, da das Blut in ihrer Lunge sie beim Atmen behinderte. Am Hinterkopf fanden sich von dem Schwertknauf zwei weitere Platzwunden, die ihr eine Gehirnerschütterung beschert hatten- selbst wenn sie gekonnt hätte, hätte sie sich zwischen Blut abhusten und vor Schwindel einfach umfallen nicht entscheiden können. Verbissen zerrt sie weiterhin an ihren Fesseln, die durch ihren anhaltenden Zug nur noch tiefer einschneiden. Es war erstaunlich über wieviel Kraft die scheinbar erschöpfte Amira verfügte- in diesem Moment zahlte es sich aus, dass sie zuvor die Kraft des einen Wächters genommen hatte.
Im Moment erkannte sie Sirgal nicht. Ihre Augen waren wieder wie immer, eines Rotschwarz, eines Braun. Allerdings liegt eine Art Schleier über ihrem Blick, was erkennen liess, dass derzeit Schmerz ihr Bewusstsein dominierte...
Sirgal hatte alle Hände voll zu tun, sich gegen diesen Ausbruch zu wehren, um die Konzentration nicht zu verlieren und ihre Arbeit fortsetzen zu können. Ansonsten wäre ihre Kraft schnell am Ende. Sie versuchte den Schmerz zu dämpfen und vor allem die Blutungen im zarten gewebe der Lunge zu stoppen, was ihr bei Amiras Reaktion sehr schwer fiel.
Halb wahnsinnig schafft Amira es kaum sich zu beherrschen und still zu halten, doch die Fesseln leisteten gute Arbeit und liessen ihr fast keine Bewegungsfreiheit. Einen Moment lang fühlte sie sich in die Vergangenheit versetzt. Ein kalter nasser Keller. Eine harte Holzbank, auf der man sie festgezurrt hatte...
Zum Glück war gerade keiner der Wächter in der nähe. Zwar hörte man sie vor der Tür leise reden aber es waren alle drausen. Ein feiner Duft von Essen strömte in die Scheune, aber wurde wohl von den wenigsten bemerkt.
Sie ist laut genug, als dass man sie hören müsste, auch wenn sie reflexartig versucht, die Schmerzenslaute zu unterdrücken. Nur langsam macht sich die Wirkung von Sirgal's zauber in ihr breit. Noch zerrt sie heftig an ihren Fesseln...
Da es ansonsten relativ Still war hörte man Amiras Schreie gut. Einige der Gefangenen schauten auf, aber sie blieben wo sie waren. Viele waren unter sich und da alle gefesselt waren konnte so oder so keiner zu hilfe kommen. Auch schliefen viele zusammen gerollt.
Vor der Tür wurde das Gemurrmel etwas lauter und kurz darauf kamen zwei Soldaten herein, beide mit Laternen. Einer blieb bei der Tür, der andere der Soldat der vorhin Sirgal die Fesseln gelöst hatte kam näher heran.
In ihrer Konzentration und mit geschlossenen Augen hört auch Sirgal den Soldaten nicht kommen. DAs gleiche bläuliche Schimmern liegt unter ihren Händen, wie schon oben auf dem Weg, als sie sich des jungen Mannes angenommen hatte. Leise klingen ihre Worte des alten Elbischen Zaubers, die sie wieder und wieder spricht: "Beth i dîn, firith î nwalme..."
Erneut schnappt die Frau gurgelnd nach Luft. Der Zauber tat seine Wirkung, doch das hier war eine ganz andere Sache als ein lädiertes Bein und so war die Elbenmagie für Amira nicht gerade das Angenehmste...
Die Legendenwebierin ist inzwischen blass, ihre Hände zittern. Sie hatte sich bei weitem nicht genug erholt, um einen Zauber wie den hier problemlos bewältigen zu können. Er fraß grade ihre letzten Reserven auf.
Stück für Stück setzte sie dennoch ihre schwierige Aufgabe fort und stoppte Blutungen, reparierte Gewebe und beruhigte Schmerzen.
Allmählich wird Amira's Gegenwehr wieder schwächer. Die Atmung wird ruhiger, klingt jedoch nach wie vor irgedwie 'feucht', da das Blut, welches noch in der Lunge war, hinaus musste. Schweiss steht ihr auf der Stirn, als der Kopf langsam wieder nach vorn sackt...