"Sonderlinge?" fragt sirgal leise. "Da klingt bitter... Ihr seid nicht sonderbar, sondern Besonders, Pat!" Ohne es zu wollen, wird ihre Stimme deutlich sanfter.
In Sel Tac'Zil wendete Kar'Yann sein Pferd und winkte Amira zu sich. Dann brachte er mit einem Geleitschutz von zwei weiteren Soldaten Amira in das Tal hinunter nach Gullminne - in das Herz Sel Tac'Zils. Sie ritten durch das östliche Tor in die Stadt ein und kamen nach kurzem Weg von oben an das Haus, in dem Sirgal und Kar'Yann lebten. Der kurzhaarige Drow saß ab, gab den Zügel seines Pferdes einem der Soldaten und bat Amira ins Haus. In der Eingangshalle gleich zur linken lag ein Behandlungsraum - ein Tisch in der mitte, sauber geschrubbte Arbeitsflächen und Schränke mit unzähligen Flaschen, die fein säuberlich beschriftet waren. Die Tür daneben führte in das Wohn- und Arbeitszimmer mit den großen Kamin, wo auch der schwere Schreibtisch stand, an dem Sirgal viele Stunden verbrachte. Kar'Yann ging zu dem Tisch, zog eine Schublade auf und reichte Amira das wohlbekannte schwarze Buch. Sirgal hatte inzwischen die Reiseberichte vervollständigt und die karte von Caspia und Imer um eine Zeichnung von einmarschierenden Truppen durch eine niedergebrochene Mauer, auf der noch Jacks standen, ergänzt... auch waren gedanken über Allister und ein trauriges, aber liebevolles Lied neu darin: "like a bird without wings".
Mit aufmerksamen Blicken lenkte sie ihr Pferd in der Gruppe. Als sie bei dem Haus ankommen, steigt sie ab und klemmt wie gewohnt die Zügel am Sattel fest. "Du wartest hier, Dhashur.", spricht sie leise und sanft zu dem Tier und klopft ihm den Hals, ehe sie Kar'Yann nach drinnen folgt.
Sie schaut sich kurz um, während sie in das Haus geführt wird- sie war zwar noch nie hier gewesen und doch schien es ihr, als könne sie die Gegenwart ihrer Freundin spüren, als ihr Blick auf den Schreibtisch fällt. Dankend nimmt sie das Buch entgegen. Schweigend blättert sie Seite für Seite durch. Ein um's andere Mal bleiben ihe verschiedenen Augen auf der einen oder anderen Zeichnung hängen. Amira blättert das Werk bis zum Ende durch, nur um es erneut durchzugehen. Irgendwann bleibt sie bei der Caspia-Imer-Karte hängen. "Hm...Das hier ist neu...", meint die Frau mehr zu sich selbst, während sie die Einzelheiten der Zeichnung erfasste...
Die truppen Imers drangen ungehindert in Caspia ein. Von der Mauer kam keine Gegenwehr mehr. Tote lagen am Boden in ihrem Blut - unverkennbar in den Farben Cygnars...
Auch wenn das Bild keine genauen Details enthielt, was die szene doch mit voller Grausamkeit erkennbar.
"Mögt ihr einen becher Tee?" fragte Kar'Yann mit sanfter Stimme.
Einen Moment lang starrte Amira wie betäubt auf das Bild. Es schien ihr, als würde sie vor Ort sein, als würde sie selbst inmitten der Schlacht auf der verlorenen Mauer stehen, als könne sie das Blut und das verschossene Pulver riechen...Einen Moment lang war sie weit fort... Kar'Yann's Ansprache reisst sie in die Wirklichkeit zurück. "...Verzeihung...", murmelt sie und mit der Rechten fährt Amira sich über das Gesicht, während die Linke immer noch das Buch aufgeschlagen hält. "Nur wenn es Euch keine Umstände macht.", antwortet sie mit einem höflichen Neigen des Kopfes.
Wie erst musste sich Allister vorgekommen sein, als er dieses Bild im Original sah? Und woher hatte Sirgal dieses Bild?
"Bitte, setzt Euch." Kar'Yann war Amiras Reaktion nicht entgangen, und er wusste, was das für ein Buch war. Er ging hinaus und man hörte im Flur das Geräusch von Leder auf Stein. Er hatte die schwere Rüstung abgelegt. Seine Schritte entfernten sich durch die halle und eine Tür wurde geöffnet.
In dem Wohnzimmer stand eine große Sitzecke und ein paar Sessel. Fenster gingen rückwärtig in einen überwucherten Garten, in dem bereits vereinzelt Blumen blühten. Vögel tobten in den Zweigen der Büsche. Unter den noch nicht sehr dichten laub war ein Schuppen zu erkennen, zu dem ein schmaler, kaum benutzter Pfad führte.
"Vielen Dank.", entgegnet Amira und lässt sich schliesslich in einem der Sessel nieder. Auch wenn ihre primäre Aufmerksamkeit dem Bild in dem Buch vor sich galt, verlor sie dennoch nicht den Blick für ihre Umgebung. Sie nahm die Geräusche der Umgebung war, während sie sich ihre Gedanken über das Bild machte. "Wie in drei Teufels Namen kommt sie an diesen Eindruck?", geht es ihr durch den Kopf, während ihre Fingerspitzen sacht über die Zeichnung gleiten, "Hat Allister ihr eine Beschreibung geliefert oder hat sie es selbst gesehen? Hm...Nein...sie kann nicht dort gewesen sein...Obwohl- den Frostdrachen hatte sie auch nicht gesehen, bevor sie ihn gezeichnet hat...
Ganz hinten im Buch befand sich noch ein ähnliches Bild, dass Amira noch nicht entdeckt hatte. Die Seiten waren etwas zusammengeklebt - Wasser? Zuvor waren Zeichnungen eines Feuerzeuges, von Pfeilspitzen und Pistolenkugeln, sowie eine kurze Abhandlung zum Gießen der Kugeln. Sehr klein waren kommentare in das Bild hineingeschrieben...
'Hätte ich es verhindern können, dir dieses Leid anzutun, so hätte ich es getan. Doch du musstest die Gewißheit haben.'
Niemals werde ich den Ausdruck auf Deinen Zügen vergessen, als Du Deiner Heimat angesichtig wurdest.
Ich flehe den Grauen an, dass er Deine Eltern wohlbehalten und in Sicherheit hält und ihnen dieses leid erspart.
Irgendwann wird sie stuzig. Weiter hinten waren die Kanten der Seiten irgendwie unregelmässig. Erneut beginnt Amira zu blättern. "Nanu? Was haben wir denn hier?", fragt sie sich innerlich, als sie unendlich vorsichtig die zusammengepappten Seiten voneinander trennt. Amira hatte keine Schwierigkeiten die kleine Schrift zu lesen. "Also doch Allister...Kein Wunder, dass sie es so gut wiedergeben konnte...", geht es ihr durch den Kopf. "Wo steckst Du bloss?", murmelt die blaubemantelte Frau mehr zu sich selbst, dabei das Bild anstarrend, als ob es ihr die Antwort liefern könnte.
Stirnrunzelnd besieht sie sich Sirgal's Signatur und das Datum unter der Zeichnung. "Hm...Noch garnicht so lang her...", findet sie zu sich selbst, "Moment...wäre es vielleicht möglich, dass..." Hastig blättert Amira wieder zu der Cygnar-Karte. Sie hatte einmal ein Original in Allister's Büro gesehen, dort waren auch Portale eingezeichnet gewesen; doch nun suchte sieauf der von Sirgal gezeichneten Übersichtkarte nach diesen Markierungen...
"Hm...Von wo startet Digbie für gewöhnlich, wenn er nach Neu Igraine kommt?", überlegt sie laut und lässt den Blick über die Karte wandern, kommt jedoch zu keinem befriedigenden Ergebnis. "Das gibt es doch nicht verdammt noch eins!", grummelt Amira vor sich hin.
Kar'Yann kam mit einem silbernen Tablett zurück. Er setzte es elegant ab und reichte Amira eine kostbare Tasse mit frisch durftendem Tee, der ein Pflaumen-Pfirsicharoma verströmte und sehr hell in der Tasse war. "Etwas gefunden?" fragte er und kniete vor ihr auf ein bein ab.
Als Kar'Yann dazukommt, hat Amira nach wie vor das Buch vor sich in der Hand aufgeschlagen, legt es jedoch auf den Knien ab, als er ihr die Tasse reicht. Einen Moment lang ist sie leicht verwirrt über sein Verhalten, zeigt es jedoch nicht. "Vielen Dank.", entgegnet sie und nimmt die Tasse entgegen. Nun wo sie allein waren, wagt sie es zum ersten Mal aufzublicken. "Vielleicht.", antwortet die Frau leise. "Es ist zumindest ein Anhaltspunkt, denke ich.", findet sie und legt die freie Hand auf die Karte, während sie einen Schluck aus der Tasse nimmt. "Mmh- das schmeckt gut.", geht es ihr dabei durch den Kopf.
Der Mann vor Amira trug nun keine Lederrüstung mehr, wodurch seine wirkliche Gestalt deutlicher wurde. Eine Lederbesetzte Reithose, der von Sirgal nicht unähnlich und eine schwarze Stofftunika betonten seine Gestalt - die eines kampfgewohnten Soldaten, nicht gerade die eines Heilers. Der offene Kragen der Tunika ließ Blick auf die samtschwarze, feine, glatte Haut des Mannes zu und offenbarte diverse Narben, die sicher nicht von Wunden aus einem Kampf stammten...
Er goß sich selbst auch tee ein, gab dunklen Kandis hinzu und ein wenig Milch. Diese Art der Zubereitung stammte ganz sicher nicht von den Drow. Es war ein Brauch von den nördlichen Küsten.
"Was habt ihr gefunden?" fragte er ruhig und sah zu Amira auf, ihr ih die Augen sehend. Kar'Yann behandelte die Frau vor sich wie eine gleichgestellte.