Mit einem leisen Aufschrei ob der Kraft des Hiebes und der zusätzlichen Schmerzen krümmte sich Ry'Kah - aber sie beugte nicht das Knie vor ihm. "Ich diene der großen Mutter - und nur IHR. Sie schickt Dich, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, und deutlich zu machen, dass es IHR Wille ist, der durchgesetzt wird, Selvetarm. Und SIE Schickt Dich nicht, um IHRE Priesterin in die Knie zu zwingen!" Bei den letzten Worten hatte Ry'Kah sich aufgerichtet und stand gerade und stolz neben dem Altar - sich voll dessen bewußt, dass sie einem göttlichen Wesen die Stirn bot. Aber sie würde nicht noch einmal gegen die Mutter fehlen.
Er lachte. Beinahe hätte er wieder ausgeholt, er hätte sie am liebsten getötet. Doch sie wies ihn zurecht. Er schnaubte. "Ich bin nicht hier, um dir benehmen beizubringen, Priesterin!" Er ließ Tha'Risha los, die japsend und hustend auf allen vieren vor ihm und Ry'Kah kniete. "Wie erbärmlich!" Und wieder fuhr die Peitsche runter, diesmal allerdings auf Tha'Rishas Rücken. Diese zuckte zusammen. "Deine Gefühle stehen dir im Weg, Priesterin. Sieh her!" Er sah auf und sprach laut:"Jhan'afay, komm her, meine Dienerin."
Jhan'afay erhob sich langsam und kam zum Altar. Dort fiel sie erneut auf die Knie.
Er sagte nur eins :"Töte sie!"
Sie zögerte nicht, stand auf und zog ihren Dolch. Jhan'afay zwang Tha'Rishas Kopf in den Nacken und entblößte ihre Kehle. Dort setzte sie ihren Dolch an.
Tha'Risha schluckte und sah Ry'Kah angsterfüllt an.
"Du willst herrschen, Priesterin? Dann fang damit an!"
Diesmal war es Ry'Kah, die den Göttlichen anfauchte: "WIE KANNST DU ES WAGEN! SIE", und damit wies die Priesterin auf Tha'Risha, "Ist hier auf WUNSCH DER GÖTTIN! UND ES STEHT DIR NICHT ZU, IHR URTEIL ZU VERÄNDERN, SELVETARM! Es ist IHR Wunsch, dass Tha'Risha lebt. Wie also wagst Du es, hier den Befehl ihres Todes zu geben? Und außerdem - DEINE Dienerin Jhan'afay hier - sie ist das leuchtende Beispiel einer befehlsmissachtenden Sklavin!" Ry'Kah trat drohend auf ihn zu.
Er lachte wiederrum. "Was glaubst du eigentlich, wer mich geschickt hat?" Er gab Jhan'afay ein Zeichen, sie solle sich entfernen.
Die Sargtlin kroch förmlich auf den Knien zurück an ihren Platz.
Er funkelte Ry'Kah und holte erneut aus. Zunächst schlug er Jhan'afay, bis sie besinnungslos in ihren eigenen Blut liegenblieb, dann schlug er so, dass sich die Peitsche um Tha'Rishas Hals wickelte. Er zog sie auf die Beine und noch ein Stück höher.
In Panik umgriff sie die Peitsche und ein leises Röcheln entfuhr ihr.
Ry'Kah stand da, hoch aufgerichtet, stolz, keineswegs gebrochen oder kriecherisch. 'Was soll ich tun? Wenn ich ihn provoziere, tötet er Tha'Risha. Zeige ich desinteresse, tut er es auch... Angreifen kann ich ihn wohl kaum - oder doch?' Der Zwiespalt konnte nicht größer sein. Zudem machten ihr die Schmerzen das Denken schwer. 'Keine Schwäche!' zwang sie sich selbst. 'Keiner darf einen Funken von Schwäche sehen - sonst ist alles verloren, was Du erreicht hast...' Ruhig, ja fast kühl sagte sie dann: "Lass sie los. Du machst Dich lächerlich, Selvetarm. Sie ist es nicht wert, so viel Aufmerksamkeit von Dir zu erhalten." Dann wandte Ry'Kah sich ein Stückweit von ihm ab. Sie wusste, es war ein gefährliches Spiel.
"Schau hin, Priesterin. Sieh, wie ihr die Luft ausgeht, sieh, wie ihre Augen trüb werden, wie ihr Herz kaum noch schlägt, das Leben aus ihr weicht. Es ist immer ein interessanter Anblick, wenn der Tod nach einem Wesen greift."
Tha'Rishas Gegenwehr wurde weniger. Sie nahm um sich herum nichts mehr wahr. Nur noch ein dunkles Pochen und verschwommene Abbild des Raumes waren in ihrem Bewusstsein.
Er ließ Tha'Risha achtlos zu Boden fallen, löste aber keineswegs die Peitsche um ihren Hals. "Unserer aller Herrin Wunsch ist es, dass du herrschst!" Er zog kräftig an der Peitsche, löste sie dadurch und versetzte Tha'Risha einen weiteren Hieb. "Denkst du, sie wird dir dienen?"
Die Halbdrow stöhnte auf und griff sich voller Panik an den Hals. Der Striemen der Peitsche war deutlich zu sehen.
"Es wird ihr nichts anderes übrig bleiben. Die Gegenwart Deiner Macht und deine kraftvolle Handschrift werden ihr sicherlich den rechten Anstoß dazu gegeben haben. Sollte sie mir nicht dienen, wird der Altar der Göttin zu einem guten Freund werden...." Ry'Kah hatte sich nicht von dem Schauspiel beeindrucken lassen.
"Bwael, Priesterin," er nickte ihr zu. Auch die Göttin schien zufrieden. "Dann opfere sie, die du Schwester nennst." Ry'Kah konnte die Gegenwart der großen Mutter spüren, sie beobachtete die Priesterin.
Es war, als ob der Schlag der Peitsche sich nun um den Hals der Priesterin gewickelt hatte. All das für... Nichts? Sie sollte ihre Schwester opfern? Was für ein Spiel der Götter war das? Ry'Kah konnte es nicht glauben. Etwas stockend ging sie auf Tha'Risha zu - hatte sich aber nach zwei Schritten gefangen und sagte kalt: "Siehst Du, wohin Dein Widerwille Dich gebracht hat? Auf den Altar der Göttin. Du hättest es einfach haben können. Nun wird Dein Kind doch ohne Mutter aufwachsen und dein Mann eine Reinere finden. Steh auf! Oder willst Du auch diese Schmach noch erdulden, dass ich Dich wie ein Tier auf den Altar legen lasse?"
Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie konnte nicht aufstehen. Tha'Risha schaffte es gerade so auf die Knie. Blut lief ihr über den Rücken, sie keuchte. Die Halbdrow hatte den Kopf gesenkt und flehte leise :"Vergebt mir, malla Jabbress."
Er stand daneben und schien ungeduldig zu werden, so wie er mit der Peitsche spielte.
"Sargtlinen - hebt sie auf und legt sie auf den Altar!" Dann sah Ry'Kah zu Tha'Risha hinab. "Dafür ist es nun zu spät. Du siehst, was die gegenwart der Götter bedeutet - und damit dürfte auch klar sein, wie lächerlich Dein Versuch war, selbst Ilharess des Hauses zu werden."
Khyl'Lian folgte dem Ganzen mit gespaltener Seele. Zum Einen kniete er vor seinen Göttern und empfand die Ehre deutlich, sie sehen zu dürfen und ihrem handeln folgen zu können. Zum Anderen war es das geliebte Wesen, dass dort auf dem Altar geopfert werden sollte und die Qual, die er dabei empfand, war grausam. Er hielt den Kopf gesenkt und schloss die Augen. 'Große Mutter - sei ihrer Seele gnädig. Nimm meinen Schmerz als Opfer an...'
Die Sargtlinen waren schnell da und zogen Tha'Risha auf die Beine. Sie zeigte keinerlei Gegenwehr. Schnell legte man sie auf den Altar.
Er nickte zufrieden. Ebenso schien die Präsenz zufrieden zu sein. Er "hörte" die Bitte Khyl'Lians und ein harter Hieb vor die Brust traf den Ust Sut'Rinos.
Tha'Risha flehte :"Bitte, malla Val'sharess." Diesesmal meinte sie es ernst.
Selvetarm schnaubte nur abfällig. "Erbärmlicher Wurm!" Zu Ry'Kah gewandt :"Mach sie der Königin zum Geschenk!"
Mit einem Keuchen sank Khyl'Lian noch weiter in sich zusammen und schwieg nun. Kein Schmerzenslaut kam über seine Lippen - obwohl die Prunkrüstung den Hieb kaum abgefangen hatte. 'A dos quarth, Jabbuk.'