Tha'Risha schüttelte den Kopf. Als sie sich umdrehte - mit dem Rücken zur Tür, war sie auch schon eingeschlafen.
Es war kein ruhiger Schlaf, im Gegenteil. Die Halbdrow träumte sehr intensiv.
Es war bitterkalt, regnete und die Nacht hatte ihren Zenit bereits überwunden. Sie stand alleine auf einer Anhöhe und überblickte das Land. Tha'Risha kannte diese Szene, sie hatte sie erlebt, vor mehreren Dekaden, in einem weitentfernten Land. Das Pferd, welches sie mit der rechten Hand am Zügel hielt schnaubte und Strähnen ihrer nassen Haare klebten ihr im Gesicht. Ihr Blick war starr geradeaus auf ein einsames Gehöft gerichtet. Kein Licht brannte da, nur dünner gleichmäßiger Rauch stieg aus dem Schornstein und bewies, dass dieser Hof bewohnt war. Die Späher hatten dieses Gehöft seit Wochen beobachtet, eine reiche Familie. Vater, Mutter, vier Kinder und die Großeltern lebten da. Dieser Überfall versprach fette Beute und die Vorräte würde die Gruppe durch den Winter bringen. Tha'Risha konnte es kaum erwarten, ihre Klinge in Blut zu tränken und genau aus diesem Grund liebte er sie. Er konnte sie formen, ihre Unbeherrschtheit nutzen. Für einen Moment sah sich Tha'RIsha um. 'Nein, das war doch alles ein Traum', rief sie sich zur Ordnung. Doch es war alles so real. Sie konnte den Regen spüren, die Vorfreude, selbst das Veilchen schmerzte so echt, als wäre dies alles die Wahrheit. Sie sah an sich herunter, sah die alte zerschlissene und löchrige Hose, sah die abgewetzte Tunika. Ein Shwert auf dem Rücken, das andere an der Seite. Es war echt. Dann gab es das Zeichen zum Angriff. Tha'Risha ritt ganz vorne. Was hatte sie je zu verlieren gehabt. Sie spührte die Aufregung, das Adrenalin, das durch ihre Venen pumpte. Sie spührte das Blut kochen. Sie stürmten in das Haus hinein und die Halbdrow lief nach oben, dahin, wo sie schliefen. Die Frau hatte nie erfahren, was geschehen war, dazu starb sie zu schnell. Als sie aber genau hinsah, war das keine menschliche Frau, sondern sie sah in das Gesicht einer Drow. "Ry'Kah!" Doch sie konnte nicht aufhören, es war, als übernahm jemand anderes die Regie. Sie erschlug jeden einzelnen der Familie. Auch jedes Kind. Und immer wieder sahen sie Gesichter an, die ihr nahestanden. Sie schnitt Khyl'LIan die Kehle durch und spührte Genugtuung und Freude. Sirgal kniete vor ihr und sah sie bittend an, doch sie stach ohne Zögern zu.
Bevor Khyl'Lian die Stadt verließ, wollte er noch nach Tha'Risha sehen. Unbemerkt hatte er leise das Haus der Heilung betreten und klopfte dem Aelkri auf die Schulter. Als Skabrunt den ust Sut'rinos erkannte, ließ er ihn mit Tha'Risha allein und gesellte sich zu der anderen Wache nach Draußen.
Khyl'Lian schloss die Tür hinter sich und blieb dort stehen. Er betrachtete die Frau, die dort lag und schlief... seine Frau. Er wollte den Soldaten im Augenblick nicht sehen.
Leise trat er an ihr Lager und ließ sich auf ein Knie nieder. "Ich liebe dich doch..." sagte er leise.
Tha'Risha hörte ihn nicht - der Trank war sehr stark. Dass sie träumte sah man, ihre Augen bewegten sich unter den Lidern hin und her und sie "erwürgte" gerade ein Kissen. Die Halbdrow wirkte ungemein angestrengt und verkrampft.
Khyl'Lian runzelte die Stirn und hob sich mit einer fließenden, kraftvollen Bewegung und einer Drehung neben sie auf das Lager. Er zog sie sanft an sich und löste ihre Hände von dem Kissen. "Ussta ssin... entspanne Dich!" Er fasste sie an der - unverletzten! - Schulter und strich ihr dann die Haare aus dem Gesicht. "Tha'Risha..."
Sie schien seine Berührung zu spüren, seufzte leise, als er ihr über die Haare strich und suchte mit der Hand nach ihm."Ussta Danthe...," kam es tonlos.
Er zog sie in die Arme, versteckte das Gesicht in ihren Haaren und schloss die Augen. Es war ein bisschen ein Festklammern an seiner Liebe - auf dass sie nicht brechen möge und bestand hätte. Khyl'Lian machte es auch angst, Tha'Risha verlieren zu können, nach all dem, was passiert war.
Khyl'Lian saß in voller Rüstung bei ihr, hatte die Armschienen und Handschuhe aber noch nicht angelegt. Sie lagen auf dem Boden vor dem Lager. Er hatte die Augen geschlossen und sein Gesicht sprach von einer gewissen Qual. Er würde sie irgendwann wieder loslassen müssen - um seinen Pflichten nachzugehen... Konnte dieser Moment nicht ewig dauern?
Er griff nach ihren Händen, küsste sie in die Innenflächen, senkte dann das Gesicht hinein. Seine Hände bedeckten ihre. Den Klos, den er im Hals hatte, konnte sie der Göttin sei Dank ja nicht sehen.
Er hatte die geschlossenen Augen von ihren Händen bedecken lassen und hielt ihre Hände sanft in den seinen. Oh, wie gern hätte er die Rüstung abgelegt, sie in seine Arme gezogen und einfach nur festgehalten... Khyl'Lian schluckte schwer.