RE: Seelenschutz.... - 23

Als seine hand die von Sirgal berührte, öffnete die Botin die Augen und beobachtete ihn kritisch.
Sie ließ ihm Zeit, bevor sie ihn leise ansprach:
"Kann ich Dich ein paar Minuten alleine lassen?"

Puls und atem waren ruhig - er hatte sich gut im Griff. Jetzt kam es auf sie an...
Sirgal nahm die Hände langsam weg, sorgte dafür, dass die Decke wirklich warm hielt und hob dann den Sattelgurt auf.
Sie band ihn auf halber Höhe in das Seil - denn es gab da etwas, dass sie nie im Leben lernen würde: Seilklettern! Dazu waren die Verletzungen der Schultern zu zahlreich und die Kraft zu wenig. Rücken - ja. Hände - kein Problem. Aber die Arme? Keine Chance.
Sie setzte erst ein Knie, dann den anderen Fuß in die Schlinge und konnte sich so zur Kante des Loches hinaufstemmen.
Sie verschwand nach oben auß seiner Sichtweite, rollte sich vom Rand weg und blieb einen Augenblick völlig erschöpft und zitternd liegen.

Die Botin war noch nicht ganz herumgerollt, und auf die Knie hoch, als die Stute schnaubte und Sirgal sich zwei gespannten Bögen und ein paar schartigen Schwertern gegenübersah...

...und sofort losbrüllte:
"Mudobosch grugdäz! Wisst ihr was ihr da angerichtet habt? Wisst ihr, wen ihr in die chola (Erdspalte) getrieben habt? Was sollte der rugadog (Angriff von hinten) auf den obrok? Ja - richtig - ihr habt rugadog obrok! Er draga e Sel Tac'Zil... Er waidur-rula hav garidomä, er no schdu! I bawaschaid inn er chai - ni Ilharess ma modsch do..."

Sie standen wie versteinert vor Sirgal und einer ließ das Schwert sinken, sah seine Rotte fragend dümmlich an.

Die Botin setzte schnell nach:
"Do! Rinde von dem Baum da! Zuum! Cho! Cho!"

Der Karrak reagierte einfach - befehlsgewohnt hieb er mit dem Schwert ein paar Streifen Rinde vom Baum und brachte sie ihr...




* Ihr seid dumme Idioten! ... Er ist ein Herrscher von Sel Tac'Zil... Der Krieger-König muss hergebracht werden, er darf sich nicht bewegen! Eine Katastrophe, wenn er stirbt - die ilharess wird euch aufspießen...

"Targo - harl..." rief Sirgal ihm zu.

Sie hatte alles auf eine Karte gesetzt. Die Karrak akzeptierten die Herrschaft der Drow, und die waren tabu, dass war Gesetz.
Jetzt hatten sie einen verletzt... und waren bös in der Breduille.
Sie beratschlagten kurz und dann kam einer zu Sirgal - mit gesenkter Klinge.
Er redete schnell und hart auf sie ein - aber die Botin unterbrach ihn:
"Sprichst Du standard?"

"Ja."

"Dann rede so."

"Werden helfen. Krieger-König holen..."

Sirgal nickte.
"Er darf keine Schmerzen haben. Die Ilharess wird es sonst wissen, was ihr getan habt! Er kann sie jederzeit erreichen..."

Die Augen des Karrak weiteten sich.
"Krieger-König böse auf Clan von Ruumasch?"

"Ich denke schon."

Hektisch sah der Karrak sich zu den anderen um und wiederholte, was Sirgal gesagt hatte...
Einer brüllte laut - rief andere hinzu.
Plötzlich waren es fast zwanzig, die da standen und mit groben Klingen begannen, Bäume umzuschlagen.

Zwei der karrak kamen zu dem Loch und spähten in die Tiefe.
Sirgal ging mit ihnen.
"Ihr habt im Bein und Flanke verletzt - nicht gut!"

Die Karrak sahen sie leicht panisch an.
"Was tun?"

"Er muß aus dem Loch - und zwar so, dass er sich nicht bewegt. Ihr werdet ihn holen. Ich gehe runter und sehe nach ihm... vielleicht kann ich ihn etwas besänftigen, damit sein Fluch Euch nicht in aller Härte trifft."

Die beiden nickten.
"Wer bist Du?"

"Ich bin seine Dienerin... und glaubt mir - das hier war für ein viel geringeres Vergehen." Sie zog den Kragen der Tunika auf und zeigte ihnen die schwärzlichen Striemen, der über Schulter und Brust verliefen.

Sie wichen etwas zurück und sahen sich gewarnt an. Diese Striemen waren ein überzeugenderes Mittel, als jedes gesprochene Wort. Gab es bis eben noch Zweifel - jetzt nicht mehr.
'Verzeih mir', dachte Sirgal. Es war nicht nett, was sie ihm da grade unterschob, was er angeblich getan hatte.

"Baut eine Trage. Polstert sie. Denkt daran - er ist größer als ich, also macht sie lang genug..." forderte Sirgal die Karrak dann auf.

Wieder wurde der Befehl bestätigt und einer der Beiden ging, um das Gesagte diesmal zügig weiterzugeben. Der andere blieb am Rand des Loches und half Sirgal hinunter.

Unten näherte Sirgal sich Aly'Triss mit großer Angst und sehr unterwürfiger Haltung.
"Krieger-König... Herr. Vergebt mir. Ich habe sie ... nein! Nicht! Bitte...."
Sie senkte den Kopf, um ihr Grinsen zu verbergen - und eine übele Schmerzäußerung und ein Zusammenkrümmen folgte - nicht gerade Sirgals übliche Reaktionsweise.
Stammelnd erklärte sie dann:
"Herr... ich ... sie werden ... Euch hier herausholen und ... bitte - nehmt das hier..." Sie kam zu ihm, kniete dicht bei seiner Schulter nieder und Schälte die äußere Rinde von dem ab, was der Karrak ihr gebracht hatte.
Viel leiser, so dass nur er es hören konnte, erklärte sie dann:
"Salix alba. Grundstoff jedes Schmerztrankes. Kau die Fasern, aber nicht Schlucken - das verträgt Dein Magen nicht. Gibt ein leicht taubes Gefühl im Mund, nicht wundern. Es wird die Schmerzen binnen einer halben Stunde sehr weit wegdrücken. Ich schneide Dir mehrere Streifen, die Du selber handhaben kannst, wie Du sie brauchst. Saug den Saft aus den Fasern, dann spuck sie aus..."
Sie gab ihm ein Stück direkt, bereitete die anderen dann vor.
"Wenn wir dich oben haben, will ich sehen, was ich noch tun kann."
Der abschätzende Blick eines Heilers traf ihn, der schon viel gesehen - und getan hatte. Das hier war für Sirgal nichts anderes als ein weiterer Kriegsschauplatz. Diese Bilder würden sie später einholen. Sie wusste es.

Die Karrak hatten zwei schlanke Bäume gefällt und im Nu eine passable Trage gebaut. Alle möglichen Felle von Kleidung, Umhängen und Rüstungen wurden zusammengetragen, Seile benutzt, und das, was sie bauten, war von erstaunlich guter Qualität.
Auf vier Pfosten gesetzt, hätte es ein sehr komfortables Bett abgegeben.
Sie waren noch eine Weile beschäftigt, als Sirgal mit Aly'Triss sprach.

Wieder reagierte Sirgal überaus ängstlich.
"Langsam! Kau das länger..." raunte sie, wich dann zurück, ließ sich strauchelnd fallen und schob sich gegen die andere Wand.
"Verzeiht, Herr... ich... sie brauchen noch etwas..."

Sirgal sah ihn an und runzelte die Stirn.
Verarbeitete er das so schnell?
'Elfenrasse' dachte sie, 'kann sein. Sie reagieren auf alles schneller und in geringerer Konzentration und Dosierung. Zumal ich nicht wüsste, dass er konditioniert ist.'
Sie würde sich auch etwas für seinen Magen überlegen müssen.

"Nau - Herr, nau! Verzeiht..." flehte sie, als er aufstöhnte.
Sirgal sah nach oben und dem Karrak genau ins Gesicht, der sich über das Loch beugte und einen fast ängstlichen Gesichtsausdruck zur Schau trug.
"Beeilt Euch! Es geht ihm nicht gut... er... hat Schmerzen. Und ... wenig Geduld!"
Ihr Gesicht sprach Bände von Sorge, angst und Panik.
Das gesicht des Karrak verschwand - und der Sattel wurde entfernt.
Das Seil verschwand nach oben - und jetzt hatte Sirgal wirklich Angst. Was, wenn sie sie hier einfach zurückließen?
Es war nur eine Moment, dann schoben sich zwei Holme mit einem rohen Leitergerüst nach unten.
Zwei der Karrak folgten ihnen nach - und es wurde etwas eng in dem Loch.
Die beiden dunklen Gesichter gehörten eindeutig etwas jüngeren Karrak, die recht schlank und beweglich waren. Ihre faltigen, braunen Gesichter waren narbig, aber die Augen wach.
Sie ließen sich auf die Knie fallen und senkten die Köpfe.
"Wollen holen Krieger-König wenn dürfen..."

Sirgal, die hinter den beiden Karrak war, schloss in stillem Gebet für Sekunden die Augen und lehnte den Kopf zurück in das feuchte Erdreich der Grubenwand.
Sie wurde schwächer, wenn sie zur Ruhe kam - und das wusste sie ganz genau...
Sie musterte die beiden Karrak-Rücken vor sich.

Die beiden rochen wirklich streng, aber bei weitem nicht so schlimm, wie das, was sie in vielen anderen Ork-Heerlagern wahrgenommen hatte.
Diese Beiden hatten einen erdigen Geruch, der scheinbar etwas schwefelig durchsetzt war.
Es störte Sirgal kaum.

Die Karrak nahmen mit äußerster Vorsicht die Decke weg. Sie sahen sich an, wie Sirgal das Bein geschient hatte und wussten, dass er eine verletzte Flanke hatte.
Noch fasste keiner der beiden ihn an, sondern sie musterten den großen Drow. Einer deutete auf die Feuchte Stelle in der Tunika, wo Triss geblutet hatte und der andere schnupperte leise, dann knurrte er.
Sie tauschten ein Paar Worte in der groben Sprache der Karrak und schienen sich auszutauschen.
Tatsächlich besprachen sie das Vorgehen, auch wenn Sirgal nur Bruchstücke davon verstand.
Aus einen Ruf hin wurden zwei Seile und der Sattelgurt nebst einem Fell heruntergeworfen.
Die beiden Krieger waren nicht dumm.
Das Leitergerüst hatte einen bestimmten Zweck.

Zunächst schickten sie Sirgal darüber nach oben:
"Dienerin geh... bringen Krieger-König hinauf."

Sirgal zögerte kurz, konnte aber sowieso nichts machen und folgte der Anweisung.

Triss war mit den Beiden allein.