Sie zeigte ihre Schüssel. Die war leer. Lukarde hatte ihren Inhalt zurückgetan. Unten war vielleicht noch ein ganz kleiner Rest Flüssigkeit. "Nein, Nafan," sagte sie und lächelte.
Janos konnte sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen. Die Szene erinnerte ihn an seine eigene erste Zeit unter den Menschen. Gutmütig lächelnd sagte er zu Nafan: "Menschen legen sehr viel Wert auf Verhaltens- und Anstandsregeln. Der praktische Nutzen muss dahinter häufig zurückstehen. Ihre Gemeinschaft baut auf solchen Regeln auf. Manche sind davon so tief verankert, dass man sie 'Gesetz' nennt. Die Ordenskriegerin Katharina hat eine der Regeln des Anstandes, zumindest nach Art der Menschen, befolgt. Höfliche Menschen essen nie etwas, das ihnen nicht gehört, ohne den Gastgeber um Erlaubnis zu bitten. Dies alles musste ich auch erst in einigen bitteren Jahren in der Ordensburg lernen." Janos lehnte sich wieder zurück und ergriff seine eigene Schale. Dann warf er Lukarde einen Blick zu, der nicht nur die Ordensschwester zu sehen schien, sondern gleichfalls in der Ferne weilte.
Der Blick Lukardes, der auf die Aussage des Elfen hin Janos traf, war schockiert und in gewisser Weise verärgert. Unterstellte er mit seiner Aussage doch, dass sie im Gegensatz zu Katharina keineswegs den Anstandsregeln gefolgt war...
"Es ist uns eben so anerzogen worden. Sowohl Lukardes als auch meine Eltern lagen diesbezüglich sehr viel Wert darauf. Ich möchte nicht anmaßend klingen, aber wir beide entstammen keiner Bauernfamilie, das solltet ihr wissen." Katharina blieb freundlich und legte Luka die Hand aufs Knie.
Trotz der lieben Geste blieb Lukarde doch erschrocken. Schweigend füllte sie die Schalen wieder auf und sprach ein leises gebet, bevor sie sich diesmal dem Essen widmete.