Als sie die ersten verfallenen Häuser der untergegangenen Stadt erreicht hatten, übernahm Amira in den Gassen die Führung. Ohne zu zögern ritt sie eine Treppe hinauf in ein Nebengebäude des Haupttempels im Herzen der Stadt. Dhashur stoppte neben ihr, als sie die Graue an einer Rückwand in der hintersten Ecke zum Halten brachte und absprang. Amira riss sich die letzten Reste des Turbans vom Kopf und verhüllte mit den breiten Stoffbahnen die Köpfe der beiden Pferde. Sie selbst wickelte sich ihren blauen Schal über das Gesicht und gab Kyrillas das andere Ende, damit er was hatte, um sich schützen zu können. Die Zügel fest in der Hand haltend, kauert Amira sich in die Ecke...
Das Dröhnen draussen war ohrenbetäubend, als der Sandsturm mit voller Gewalt über die Ruinenstadt hereinbrach. Staub rieselte unaufhörlich von der Decke und die alten Mauern bebten unter der gewaltigen Kraft. Es dauerte Stunden, bis es wieder leiser und schliesslich ganz still wurde...Amira lehnte zusammengesunken in der Ecke, die Hand nach wie vor um die Zügel gekrampft.
Kyrillas lauschte erst aber mit der Zeit machte ihn das Dröhnen und warten müde und schläferig. Er döste irgendwann weg. Erst als der Lärm abgestorben war zuckte er leicht. Mit einem niesen war er Wach.
Er sah sich um, schüttelte das Tuch und rieb sich vorsichtig die Augen
Alles war komlett eingestaubt. Von draussen schien sich Sonnenlicht um die Ecke in das Gebäude zu mogeln. Es waren Stunden vergangen. Amira regte sich ächzend und versuchte auf die Beine zu kommen, was ihr auch nach dem zweiten Anlauf gelang. Sie schwankte ein wenig und wo sie an der Wand gelehnt hatte, war ein dunkler Fleck zurückgeblieben...Sie war gut darin gewisse Dinge bei Seite zu drängen, bis es Zeit dafür gab...Als sie Kyrillas den Rücken zudreht, würde er in dem nun etwas besseren Licht sehen können, dass da irgendwas aus ihrer linken Schulter ragte, was dort nicht hinzugehören schien... "Alles in Ordnung bei Dir?", fragte sie an den Grabenkämpfer gerichtet, während sie die Köpfe der Pferde von dem schützenden Stoff befreite.
"Es geht schon.", antwortet sie, wohlwissend, was er meinen könnte und schüttelt die Tücher aus, "Ich brauche nur später Deine Hilfe- ich komm' da nicht so gut ran..." Die Pferde schnaubten und schüttelten sich den Staub aus dem Fell. Amira klopfte ihnen die Hälse, wobei Dhashur ihr mit der Samtschnauze über's Gesicht fuhr.
"Ja, das hat er.", anwortet sie und klopft sich einigermassen den Sand aus den Kleidern. Bei Kyrillas' anschliessenden Ausspruch musste sie trocken auflachen. "Das war ein ausgewachsener Sandteufel- natürlich haben die Pistolen auch Sand abbekommen.", grinst sie schief und wird schnell wieder ernst, "Wären wir da draussen geblieben, wären wir jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach tot." Sie checkt das Gepäck. "Nichts desto trotz haben wir Zeit gewonnen- vielleicht nicht sonderlich viel, aber immerhin etwas.", meint sie, "Könnte gerade reichen um zu verschwinden."
Amira hatte eine kleine Tasche aus ihrem Gepäck geholt und legte sie nun auf einen flachen Stein am Boden, den sie zuvor vom Sand befreit hatte. "Darf ich Dich kurz um Hilfe bitten?", fragt sie, setzt sich mit dem Rücken zu ihm auf den Boden und reicht ihm ihren Dolch über die Schulter an. Die Tasche hatte die Frau geöffnet und deren Inhalt auf dem Stein ausgebreitet- ein kleines Heilerbesteck, ein Fläschchen Wundalkohol, was zum Abtupfen und zwei weitere Phiolen mit unbekanntem leuchtend Blauem Inhalt waren zum Vorschein gekommen.
Sie hatte sich so hingehockt, dass er genug Licht haben würde- ein paar wenige Sonnenstrahlen kamen durch die rissige Decke und schienen ihr auf die linke Schulter. Aus dem Schwarzen Stoff ragte der metallische Griff eines Wurfdolches und der Stoff rundherum war feucht und teilweise bröselig- anscheinend blutete es immer mal wieder ein wenig, wenn sie es belastete.
"Keine Sorge- ich werde Dir helfen, so gut ich kann...", meinte Amira und musste daraufhin leise den Kopf schütteln, "Oh Morrow- jetzt höre ich ich schon genauso an wie mein Meister..." Sie gab Kyrillas die Klinge. "Als Erstes wäre es gut, wenn Du den Stoff aufschneidest, dass Du gescheit an das Ganze rankommst- wenn Du das getan hast, nimm' etwas von dem Wundalkohol und den Verband und tupf' den Fremdkörper und die Gegend um die Wundränder, sowie die Wunde selbst soweit es geht mit dem Zeug ab...", erklärt sie ausführlich, da sie nicht wusste, inwieweit es um seine medizinischen Kenntnisse bestellt war, "Erst dann wirst Du den Dolch herausziehen und die resultierende Blutung stoppen- aber bevor ihn herausziehst, tupfe auch bitte Deine Hände mit dem Alkohol ab..."
Als er den Stoff zerschnitt wurden diverse alte Striemen sichtbar, wenn man genauer hinsah- in der Vergangenheithatte sie wohl Einiges erlebt. Amira zuckte ein klein wenig, als es zu brennen anfing, hatte sich ansonsten jedoch gut unter Kontrolle.