Ganz langsam, damit sie ja nicht knarrte, öffnete Blake die Tür und schlüpfte leise hinaus in den kalten Morgen; nicht minder still schloss er die Eingangstür wieder hinter sich- den Schlüssel liess er drinnen stecken. Er atmete einen Moment tief durch und die Kälte tat ihm gut. Aufmerksam liess er seinen Blick schweifen, ehe er sich auf den Weg zur Festung machte- war jemand unterwegs, der ihn beobachtete?
Sie hörte die Tür. Die Augen suchten den Raum ab - er war fort. "Allein? Bist Du wahnsinnig?" flüsterte sie und stand auf. Sirgal nahm sich nciht die Zeit für eine große Morgentoilette, sondern schlüpfte in ein paar gefütterte Stiefel mit grobem Profil, die ihr schon in Cendara sehr gute Dienste geleistet hatten - und in denen sie wirklich leise laufen konnte - und nehm einen Mantel aus dem Schrank, der nach außen wie ein Uniformmantel aussah, den sie aber mit einem Fell hatte füttern lassen. Den zog sie an, griff nach dem Dreispitz am Haken an der Wand, verbarg die Haare unter einem Kopftuch und verließ ebenso das haus - hängte den Schlüssel aber an einen hohen Nagel neben der Tür am oberen Ende der Zarge. Ihren eigenen hatte sie einstecken.
Auf der morgendlich leeren Straße waren nur sehr wenige Leute unterwegs, zumal es schneidend kalt war und eis in der Luft lag. Zum Teil waren Pfützen gefroren und es sehr glatt.
Er bewegte sich überraschend sicheren Schrittes fort- zwar nicht wirklich schnell, sodass es auf den ersten Blick so aussehen würde, als würde er gemütlich dahinschlendern, aber er liess sich nicht hetzen. Blake hiess die Kälte willkommen, denn sie verschaffte ihm einen klaren Kopf. Charly hatte sogar daran gedacht neben Fox' Pistole auch seine beiden nebst dem langen Messer, welches er für gewöhnlich am rechten Oberschenkel zu tragen pflegte, mitzubringen- all das trug er an den gewohnten Plätzen wohl verborgen unter dem Mantel...Sollte also jemand auf die Idee kommen ihn anzugreifen, hätte er diesmal wenigstens eine Chance sich seiner Haut zu erwehren.
Aufrecht, jedoch schweigend und mit wachen Sinnen setzt der Grünäugige seinen Weg fort. Hier und da waren die Fenster von Kerzenlicht erleuchtet, was zusätzlich mit der hauchfeinen Schneedecke die Sicht merklich erleichterte...
Ein anderer Uniformierter schien den gleichen Weg zu haben. Er war kleiner, breitschultriger und nicht sehr sicher auf den Beinen, denn er schlitterte arg. Der mann war ein Stück vor Blake und wäre ein paar Mal fast hingeschlagen. Ein Gobber bog irgendwann vor Kälte schlotternd nach links ab und verschwand in einem Torbogen.
Hinter Blake waren auch noch zwei Uniformierte in größerem Abstand. Aus die hatten ganz eindeutig mit dem glatten untergrund zu kmpfen, wobei der kleinere sicherer zu sein schien, aber auch nur langsam lief und wohl schon einen Sturz hinter sich hatte, denn Hose und mantel waren linksseitig voll Schnee und ein leichtes Humpeln war zu sehen.
Da er sich eher langsam und überlegt fortbewegte und sich stets in der Nähe von Hauswänden hielt, machte Blake sich über ein Ausrutschen gerade weniger Gedanken. Er registrierte die anderen Personen auf der Strasse und schätzte im Kopf die Entfernung, die sie zu ihm hielten- sein Geist war wach und klar, sein Körper eisenharter Kontrolle unterworfen- er hatte nun zu funktionieren, bis er wieder zurück war, da gab es keine Diskussion...
Es waren inzwischen drei - nein vier tage vergangen. Sirgal beobachtete Blake. Sie war sich sicher, dass ihm so nichts geschehen würde. Die Verletzungen waren stabil und nur wenn er gezielte Schläge dorthin erhalten würde, oder so unglücklich auf etwas stürzte, dass er massive Gewalt dort erfahren würde, konnte noch Schaden anrichten. Vielleicht würde er durch die Belastung irgendwann schmerzen bekommen, doch sie war sich sicher, dass er damit würde umgehen können. DAs hatte er bewiesen.
Sie flogte langsam, humpelnd. Der Mann hinter ihr schloss auf, fragte, ob 'er' hilfe benötigen würde, denn das Humpeln war sichtbar, doch eine leise, rauhe Stimme verneinte und das Wort Lazarett fiel. Nach kurzem Schulterklopfen ging der andere Weiter und schloss sehr langsam zu Blake auf. Einmal riß es ihn dann selbst von den Beinen, als er eine Seitenstraße querte. Fluchend kam er wieder hoch, winkte dem Hinter'mann' zu und grüßte kurz. Jetzt verstand er das Problem.
Er hörte das leise Geflüster hinter sich, konnte die Stimmen allerdings nicht zuordnen, spannte sich allerdings merklich an, als er hörte, wie der eine näher zu ihm kam, auch wenn es den von den Beinen riss. Es zwackte ein wenig in der Seite, doch er ignorierte es- das war nichts im Vergleich. Blake war sehr vorsichtig geworden- nochmal würden sie ihn nicht so leicht erwischen, dafür würde er sorgen...
Keiner der Männer auf der Straße wollte etwas von Blake.
Etwas vor ihm trat eine alte Frau auf die Stufen vor ihrem Haus, zog die Tür zu - verlor das Gleichgewicht und glitt auf dem Eis aus. Mit einem spitzen aufschrei und nachfolgendem Stöhnen landete sie drei Stufen tiefer auf der Straße...
Als er das sah, legte er einen Schritt zu, was ihn nun doch um ein Haar von den Beinen holte- er wäre nicht er, wenn er nicht wenigstens nachsehen würde, wie schlimm es war. Langsam kniete er neben der Frau ab. "Alles in Ordnung, Ma'm?", erkundigte er sich und berührte sie am Arm- trotz allem war er auf der Hut und seine Grünen Augen musterten die Alte aufmerksam...
Sie jammerte ein Weilchen, bis sie wieder so klar war, den Mann vor sich auch wahrzunehmen. Der, der nur wenig hinter Blake gewesen war, kam dazu. "Kann ich behilflich sein, Sir?" Es war ein einfacher Sergeant, der deutlich massiger als Blake gebaut war - und jetzt ein blitzblaues handgelenk hatte.
Auch er kniete bei der Frau ab.
"Ach, ihr seid so lieb Jungens... bitte, helft mir einfach wieder hoch."
"Helfen Sie mir mal bitte.", meinte er auf die Frage des Anderen hin und hakte die Frau links von sich ein, sodass der Sergeant die rechte Seite übernehmen konnte, um die Frau wieder auf die Beine zu bringen. "So, schön langsam, Ma'm, das kriegen wir wieder hin.", redet er beruhigend auf die Alte ein.
Der jüngere Sergeant warf einen kurzen Blick auf Blakes Statur und griff ihr dann nicht nur unter den Arm, sondern auch um den Rücken. Er hätte sie mühelos allein hochheben können. "Aye, Sir."
Die Alte war erstaunlicher Weise unverletzt bis auf jetzt schon sichtbare blaue Flecke. "Ach danke, danke... wenn ihr wollt, kommt doch mal zum Tee vorbei. Ich mach auch Kuchen... so liebe junge Leute..."
Zweifellos hätte Blake sie auch allein wieder hochbekommen...wenn er selbst 100%ig auf dem Damm gewesen wäre...
"Danke, Sergeant.", kam es von Blake, als sie wieder stand und aufmerksame Augen musterten ihn kurz, ehe er sich wieder der Frau zuwandte, "Alles noch dran, Ma'm?"
Er war jung, wohl grade zwanzig, und von gutmütigem Äußerem. Hellblaue Augen sahen den Vorgesetzten an. Er ließ die Alte Dame langsam los und verbarg die dick werdende Hand im Ärmel seines Mantels.
"Kein Problem, Sir."
"Ja, ja... ales ist gut. Ich werde wohl noch etwas warten mit dem Einkauf..."
"Seien Sie vorsichtig, Ma'm.", bat er sie und nickte ihr höflich zu, "Einen schönen Tag noch." Ehe er sich zum Gehen wandte, fiel sein Blick nochmal auf den anderen Mann. "Sie sollten da jemanden draufschauen lassen, bevor Sie es nicht mehr bewegen können.", meinte er und deutete auf das rasch verborgene Handgelenk des Gegenübers- Blake war zwar angeschlagen, hatte den Blick für Details seiner Umgebung jedoch keineswegs verloren. Dann drehte er sich weg und setzte langsam seinen Weg fort.