"Die Worte wurden im Angesicht der Göttin gesprochen und sind damit in dieser Welt und durch nichts zurückzunehmen. Wirst Du dem Ritual freiwillig beiwohnen oder soll ich Dich in Ketten deiner Tochter vorführen?"
"Du wirst. Sargtlin - bring eine Kleinigkeit zum Essen und etwas zum Trinken in die Zelle. Außerdem erhält sie ein passenderes Gewand für die Zeremonie. Die Dienerin soll sie vorbereiten. Gebt ihr eine Bürste - so kann sie nicht vor das Antlitz der Göttin treten." Damit wandte Ry'Kah sich ab und ging hinüber in den Altarraum.
Dort knite sie am Altar nieder. 'Göttin - große Mutter, die Du unser allen Faden spinnst... Was ist Dein Wunsch?'
Als Ry'Kah gegangen war, zog sie Tha'Risha auf die Beine und trieb sie in die Zelle. Die Dienerin, sowie der Leichnam des Sargtlin waren bereits dort. Jhan'afay blieb bei ihnen, als einer der Sargtline Kleidung, etwas zu essen und das andere gewünschte brachte. "Zieh dich um und richte dich her. Endlich hast du begriffen, wo dein Platz ist."
Ry'Kah bekam eine Antwort: "Lehre sie Demut und erziehe sie! Ich habe Interesse an diesem Halbblut, und du kannst nicht ohne sie dieses Land herrschen. Doch sie ist zu ungeformt. Sie wird dir dienen bevor sie an deiner Seite herrschen kann. Ihr Kind,... weihe es mir und lasse es zur Herrin des Kampfes werden." Eine Pause und für Ry'Kah ein gefühl, als käme die Präsenz näher. "Auch eine Prüfung für dich!"
Tha'Risha würdigte die Sargtlin keines Blickes. Sie zog den schwarzen Rock und die schwarze Tunika an, beides mit Symbolen der Göttin verziert. Essen wollte sie nichts.
Jhan'afay ging hinüber zum Tempelraum. Die Tür war offen und so kniete sie sich auf die Scwelle, abwartend, ob die Herrin sie bemerkte.
Die Macht der Nähe der Präsenz zwang Ry'Kah weiter in die Knie. Sie verneigte sich tief vor dem Altar. "Herrin aller Ilythirien, Große Mutter, wie weise sind Deine Worte. ich werde alles tun, um Deinen Wunsch zu erfüllen. So soll es sein. Mein Leben gehört Dir - wie immer schon. Du warst die Erste, die nach mir verlangte und Du wirst die sein, die mich zu sich ruft, wenn mein Faden reißt. Trotz aller Irrwege und Versuchungen habe ich zu Dir gefunden, Herrin, der ich diene. Mein Leben liegt in Deiner Hand." Diesmal sprach sie die Worte leise, so dass sie für seht gute Ohren durchaus zu verstehen waren. Die kniende Jhan'Afay ignorierte sie zunächst.
Die Sargtlin vermied es tunlichst aufzusehen. Sie schluckte bei den Worten der Ilharess. Sie wartete, bis Ry'Kah ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte. Alles andere wäre zu gefährlich. In Gedanken rief sie zu Selvetarm und strich unbewusst ihre Uniform glatt.
Ry'Kah kehrte ins Aussen zurück und erhob sich. Sie entzündete auf dem Altar eine Feuerschale und sprach ein leises Gebet: "Lloth - Ilhar. Mir dosst rah phor udossa, mrigg Lu'Kulggen udossta i'dol."
Danach erst wandte sie sich der Wartenden zu.
"Komm herein und knie dort vor dem Antlitz der Göttin nieder. Dann erkläre, warum Du dich über meinen Befehl hinwegsetzt - wieder und wieder!"
Jhan'afay holte tief Luft, stand auf und trat herein. Wie befohlen kniete sie sich vor das Antlitz der großen Mutter. Sie senkte den Blick. Die Sargtlin war nervös, als sie sprach :"Malla Ilharess, gestattet Ihr, dass ich offen spreche?"
Ohne den Blick zu heben, sprach Jhan'afay. "Durch ihr Verhalten, beschmutzt sie Eure Stellung und Euch in Person. Sie beleidigt Euch, und das kann ich nicht mit ansehen." Sie stockte. "Ja, ich habe mich über Euren Befehl hinweggesetzt - dafür gibt es keine Entschuldigung, und verdiene dafür wahrscheinlich Euren Zorn und die Bestrafung. Aber ich konnte nicht dulden, wie sie sprach." Es war keine Enstchuldigung, das würde Jhan'afay nie tun. Sie sagte das, was sie dachte.
Sie zog ihre Klinge und legte sie vor sich. Dann senkte sie den Kopf so weit wie es ging. "Wie könnte ich es wagen, eine angemessene Strafe zu benennen. Ich beuge mich Eurem Urteil."
"Schon wieder eine Weigerung, Sargtlin?" Ry'Kah war ein wenig amüsiert, zeigte es aber nicht - denn Jhan'Afay hatte den Kopf ja gesenkt. Die Priesterin schmunzelte. Eigentlich war es an der Zeit, die junge Frau zu befördern!