Sie konnte dem Blick Ry'Kahs nicht standhalten und senkte ihren. "Ich weiß nicht...," stammelte sie. Tha'Risha schwieg eine ganze Weile, bevor sie weitersprach. Es fiel ihr sichtlich schwer, denn über Gefühle und Beweggründe reden war etwas, dass sie ungern machte. "Ich fühle mich... eingeschränkt. Kontrolliert und außen vor... Beschränkt."
Sie schüttelte den Kopf und sah Ry'Kah plötzlich böse an :"Was soll diese Fragerei? Woher soll ich das immer alles wissen?" Sie wurde nicht laut, nur wusste Tha'Risha einfach nicht wie sie reagieren soll. Sie fühlte sich in die Ecke getrieben...
"Nur Du kannst es wissen, Dalninil... Es geht um Dich." Ry'Kah legte es in Tha'Rishas Hand. "Was genau ist es, dass Du willst? Wo liegt Dein Ziel? Wo willst Du hin?"
"Was ich will?" Tha'Risha schüttelte den Kopf. "Wo ich hin will? Frag nicht mich, frag SIE! Ich möchte beweisen, was ich kann. Wozu ich fähig bin. Seit zwei Jahren nutze ich Magie und komm nicht weiter. Aber Lloth hat mir vor ein paar Wochen ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, wo mein Platz sein soll. Was plant sie mit mir? So jedenfalls kann das nicht weitergehen."
Sie brauchte nicht lange zu überlegen. "Schutzmagie und allgemeine Sachen, gegebenenfalls Heilung, aber das muss ich sehen. Zum Kämpfen habe ich meine Klinge und Zauber, die den Geist beeinflußen,... ich habe es versucht, doch ich schaffe es nicht, die Energien in die richtigen Wege zu leiten." Sie sprach so voller Freude davon, doch dann senkte sie wieder den Blick. "Ach, das ist doch alles Blödsinn, Schwärmereien ..."
"Ich habe einfach keinen, der mich anleitet. Ja, Bücher sind toll, aber sie zeigen einem nichts. Ich schaffe eine Handvoll Zauber, sie funktionieren auch problemlos, doch ich... " Sie seufzte und schüttelte den Kopf. "Ach, vergiss es!" fauchte sie auf einmal und stand auf. Tha'Risha ging zu einem Fenster und sah hinaus. Sie wollte endlich wissen, was sie tun sollte. Was hatte Lloth mit ihr vor? Warum entglitt ihr momentan alles?
Ry'Kah war wie ins Gesicht geschlagen. Sie schloss einen Moment die Augen und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Die letzten beiden Worte waren die, die sie am meißten hasste...
So blieb sie sitzen und wartete. Wartete, bis Tha'Risha sich fing.
Was Ry'Kah nicht sehen konnte war, dass Tha'Risha weinte. Sie fühlte sich völlig missverstanden, und sie verstand sich im Moment selbst nicht. Sie war leer, wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Sie konnte die Fragen nicht beantworten, weil sie selbst nach einer Antwort suchte.
Nach einer Weile wandte Ry'Kah den Kopf und sah Tha'Risha an. Sie wollte ihr doch nicht nur die Hand reichen... Priesterin hin oder her - sie wusste einfach nicht weiter. Und da die große Spinne gerade mal wieder beschlossen hatte zu schweigen, musste sie allein einen Weg finden. Aber wie?
Tha'Risha ballte die Faust und schlug auf das Fensterbrett. "Du hast mich nach dem gefragt, was ich will. Gut!" Sie drehte sich um und wischte sich die Tränen weg. "Ich will Macht und ich will Stärke! Ich will dieses Land, unser Haus (die Betonung lag hier auf "unser") ganz oben sehen! Und wenn diese Spinne es vorzieht, keine Antworten zu geben, dann geb ich sie mir! Dalninil, ich bin längst kein Kind mehr!"
Es war genau das, was Ry'Kah erwartet hatte. Sie wusste, woher Tha'Risha kam und was sie erlebt hatte. Die Hohepriesterin erhob sich und kam auf ihre Schwester zu. "Dalninil... kannst und willst du mit mir zusammen Arab'Ghym leiten?"