Ry'Kahs Antwort war nur ein Hauch - so leise gesprochen, dass es nur Khyl'Lians Ohren wahrnehmen konnten: "SIE ist wütend..." Sie krümmte sich erneut unter der Wut der Göttin. "Nimm Iliah..." sie konnte das Kind kaum halten.
"Asanque, malla Jabbress." Der Ust Sut'Rinos nahm die Tochter der Yathtallar vorsichtig in seine Arme und blieb etwas am Rande stehen. "Wenn Ihr meine Hilfe benötigt, ich bin stets in Eurer Nähe."
Iliah wandte den Kopf und beobachtete ihre Mutter weiter.
Ry'Kah raffte sich auf, nachdem der Schmerz abgeklungen war und verschaffte sich schnell einen Überblick. Der in der Flammensäule gefangene Tristan wurde registriert, im Augenblick aber nicht weiter beachtet.
"Wo ist Akor'Rar, Khyl'Lian?" fragte sie, während sie beobachtete, wie die Neugierigen zurückgedrängt wurden und die Soldaten die Häuser evakuierten. Die Priesterin überlegte derweil fieberhaft, wie sie den Energiestrom unterbrechen konnten, als Barr'Estan den Speer schleuderte und gegen den Stab Tristans wandte...
"Er war zuletzt im Heiligtum...", sinnierte sie, und meinte dann: "Schick auch jemanden in die Gärten zu Kadya - nicht dass sie durch das Haus zurückgeht." Dann trat sie langsam näher und betrachtete das Ausmaß der Verbreitung des 'Nebels'. Der Bannkreis hatte ihn im Tempel eingeschlossen - so konnte er nicht weiter - aber auch nicht hinaus. Eine Lösung war das nicht.
Der Speer Barr'Estans traf den Stab Tristans, der in der Erde steckte. Dieser war die Verbindung zwischen dem Magier und der Kraft, die er beschwor. Der Drow Krieger, einer der Besten und Stärksten aus Ner'Zuhl, schaffte es, den Stab Tristans so zu treffen, dass die Kraft, mit der der Speer ihn traf, ihn (den Stab) mit dem unteren Ende aus der Erde zu befördern. Wie ein Hebel, da Tristan das obere Ende festhielt, schnellte der Stab mit dem Drachenkopf nach oben. Die Magie brach abrupt ab und der Magier stürzte völlig ausgebrannt zu Boden.
Ry'Kah streckte die Hände aus und 'tastete' nach der Magie des Schutzkreises. Die war auf der Macht des Feuers begründet und schwankte am Rande jedweder Kontrolle. Der Kreis wies Fluktuationen auf, die wie Eruptionen jederzeit in alle Richtungen ausbrechen konnten... eine solche Eruption hatte wohl auch dafür gesorgt. dass es so etwas wie eine Rückkopplung auf Tristan gegeben hatte. Ein Wunder, dass weder er noch Nermon schweren Schaden davongetragen hatten. Die Hohepriesterin streckte ihre unsichtbaren Fühler weiter aus und fragte nach der Mutter... Sie saß wie ein bedrohlicher Schatten im Inneren des Tempels und grollte.
Tha'Risha hatte den Speer geschleudert, in dem Moment, als die Magie Tristan fallen ließ. Nur um Haaresbreite verfehlte er ihn und bohrte sich ein Stück neben ihn in einen Holzpfosten. Sie trat an Ry'Kah heran und sah sie fragend an.
Ry'Kah ließ die Hände wieder sinken und öffnete die Augen. Als sie sich Tha'Rishas neben sich gewahr wurde, wandte sie sich ihrer Schwester zu. "Dalninil, diese Magie ist kurz davor, völlig außer Kontrolle... was ist mit Deinen Händen passiert?"
Sie winkte ab. "Der Preis für übereifriges Handeln." Dann sah sie zum Tempel. "Zumindest ist dieses Gift eingedämmt, das verschafft uns Zeit, um es zu neutralisieren. So kann es auch nicht in deine Räume."
Barr'Estan hatte noch wie gebannt auf Tristan gestarrt. Als dieser jedoch endlich von der Magie getrennt wurde, atmete der junge Krieger erleichtert aus. Dann drehte er sich um und gewahrte Ry'Kah. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Es war lange her. Nun sah er seine beiden langjährigen Freunde wieder. Auch wenn die Umstände alles andere als angenehm waren. Langsamen Schrittes ging er auf die Priesterin zu.
Ry'Kah sah den Krieger auf sich zukommen - und war völlig überrascht. "Barr'Estan... velbol?" Dann aber lächelte auch sie, breitete die Arme aus und tat etwas, dass Gullminne noch nicht gesehen hatte. Sie schloß ihn in die Arme, schloß die Augen und lehnte sich einen Augenblick an ihn.
Alissa zuckte zusammen. Nie hatte sie mit einer Antwort gerechnet. 'Seines Tempels?' Alissa drehte sich zum Tempel um. Die anderen standen in einiger Entfernung noch dort. 'Ist das jetzt Archimonde?' Sie entfernte sich sicherheitshalber ein paar Schritte rückwärts, weiter vom Tempel weg.
'Ist meine Schwester in Eurem Tempel? Lebt sie noch?' frug sie misstrauisch, denn sie hatte eine starke Abneigung gegen Archimonde, denn der Freiherr von Ner'Zuhl diente ihm und den hasste sie abgrundtief. In ihr ratterte es weiter: 'Hoffentlich hat er ihr nichts getan.'
Ry'Kah löste sich von Barr'Estan, lächelte ihn aber immernoch an. Dann drehte sie den Kopf ihrer Schwester zu: "Dalninil, ich werde den Bannkreis aufbrechen müssen und die Energien ableiten, die ihn speisen..." sie hustete plötzlich krampfhaft. "Dann gilt es herauszufinden, was für ein Gift das ist und wie stark es wirkt." Kleine Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. 'Es ist auf jeden Fall stärker, als meine Konditionierung...', dachte sie.