Sie sah auf. "Glaubt ihr, ich hätte nicht schon darüber nachgedacht? Doch der gedanke ist so ... erschreckend, dass ich es bishernicht wagte, etwas derartiges zuende zu denken."
Hrothgars Lächeln gefror. Diese Frau hatte schon die richtigen Gedanken, aber aus irgendwelchen sentimentalen Gründen nicht weiter verfolgt.
"Sirgal, wollt ihr das Übel abstellen? Waltran bekommt ihr nicht durch das Melken des Wals, und auch nicht dadurch, das ihr ihn kitzelt. Ihr bekommt es nur, indem ihr den Wal tötet. Und um das Übel, das Inat Laronn über die Welt bringt, müßt ihr alles über ihn wissen, alles in Erfahrung bringen, um damit seine Schwachstelle zu finden. Habt ihr diese gefunden ... findet die Harpune sicher den Weg ins Herz des Wals."
Sie senkte den Blick. Es gab starke rote Impulse in ihr - doch sie hielt sie zumeist verborgen und bedeckt. Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie sie einem Lagerbewohner ob seines Verrats kalt die Kehle durchgeschnitten hatte...
Hrothgar Stimme dröhnte plötzlich durch die gesamte Schankstube. Als Bootsmeister mußte man eine Stimme haben, die mühelos jeden Sturm niederbrüllen konnte.
"Sirgal, bei den Fürzen von Brann Blutbart! Ihr wollt Weltenwacht retten, ihr wollt die zweite Drachenwelt erhalten! Verdammt, dann lasst uns zusammen diesen Mistkerl niedermachen ! Ich habe euch einen guten, möglichen Weg gezeigt, und ich bin bereit, ihn mit euch zu gehen!"
Hrothgar lachte. "Ich bin ein ungehobelter, räuberischer, saufender Vinländer. was erwartet ihr?"
Dann plötzlich wechselte er seine Ausdrucksweise:" Mylady Sirgal, vergebt mir, ich möchte trotzdem euch nochmals auf die höflichste Art und Weise darauf hinweisen, das die Gedanken, die wir heute zusammen entwickelt haben, den richtigen Weg aufweisen, um den Feind der Drachenwelten zu entfernen."
Dann grinste er wieder dieses spitzbübische, gefährliche Grinsen. "Ihr seht, Sirgal, das auch ein Vinländer sich so vornehm ausdrücken kann, wie der parfürmierte Furz eines Adligen."
"Das werde ich auch nicht. Aber euer Zögern stört mich. Was ist dasgegen einzuwenden, auf diese Art und Weise zu versuchen, Inat Laronn endgültig und unwiderruflich aus dem Lauf der Geschichte der Drachenwelten zu entfernen?"
"Oder habt ihr Angst, das der Kupferne euch dann bis zum Ende aller Zeiten jagt?"
"Ich habe mir um die Konsequenzen noch keine Gedanken gamcht", sagte Sirgal ruhig. "Selbst wenn er mich jagen würde - er wäre nicht der Einzige und kann sich auf einer Liste eintragen..." sie schmunzelte.
Das Grinsen auf Hrothgars Gesicht wurde sehr breit. "Ach, steht ihr auch auf verschiedenen Listen? "
Dann wurde wieder sein Gesicht wieder ernst. "Ich habe nachgedacht; eure Legendenweber - Schwester muß im Kindbett gestorben sein. Denn wäre sie wieder einmal Dargass zum Opfer gefallen, dann hätte der Rote kaum einen Grund gehabt, das Kind zu verstoßen."
"Sirgal, ihr seid doch eine der wichtigsten ... hmmm ... Dienerin klingt so blöd ... Eidfrau eures Drachen. Könnt ihr nicht nach einem Hinweis fragen?"
"Nau. Ihr habt mich schon ein 'Orakel' genannt ... ihr kennt den Grauen nicht! Ich kann fragen, sicher, aber ob und wie ER antwortet?" sie schüttelte matt den Kopf.
Innerlich fluchte Hrothgar. Dieser Weg könnte man beschreiten, aber wenn die Antworten des Grauen so wären wie die seiner ersten Eidfrau, dann bräuchte man Jahre, um diese Antwort zu verstehen.
"Also brauchen wir irgend jemanden, der uns weiterhelfen kann, und zwar in der Zeit wo die erste Drachenwelt noch existierte. Sagt, gibt es nicht in Weltenwacht so etwas wie eine Bibliothek?"
Dann stutzte er. "Sagt mal, warum sagt ihr eigentlich immer Nau, statt Nein?"