Hrothgar lachte. "Sirgal, wenn ihr wirklich ein so gutes Gedächtnis habt, dann nennt mir ein männliches Wesen, das ihr im Laufe eurer Reisen kennengelernt habt, das nicht so orientiert war."
"Damit meine ich männliche Wesen, und zwar vollständige" meinte er dann noch trockener im Nachsatz.
Diesmal lachte Sirgal herzlich. "Nun, der Eine ist wirklich ein sehr guter Freund, den ich nicht mehr missen möchte, von dem ich aber herzlich wenig weiß. Der Andere ist Bediensteter einer Hexe - und ich weiß nicht, ob der überhaupt Interesse an ... diesen Dingen hat." Sie grinste.
Hrothgar starrte Sirgal entsetzt an; seine Gesichtsfarbe wurde noch blasser, die linke Hand hielt das Amulett fest. Mit der rechten ergriff er den Bierkrug, setzte an, und trank ihn in einem Zug leer. Dann brüllte er "Herr Wirt, noch einen Krug !!!"
Er schaute Sirgal unverwandt an:"Habt ihr noch mehr solcher Freunde und Bekannten, die der Magie anhängen?" fragte er leise.
"Ja", sagte sie schlicht. "Die meisten, mit denen ich zu tun habe, sind in irgendeiner Weise magiebegabt." Sie hatte die Hände auf dem Tisch liegen, und der blausilberne Stern auf dem rechten Handrücken schimmerte in matten Licht.
Plötzlich wurde Hrothgar klar, das dieser Stern auch etwas mit Magie zu tun hatte. Er schaute Sirgal in die Augen.
"Verzeiht, aber mit Magie habe ich so meine Probleme" sagte er leise. "ich meide sie, wenn es geht ... " seine Stimme verlor sich; seine Augen nahmen einen entrückten Ausdruck an.
Dann zuckte er leicht zusammen. "Verzeiht, das ist eine Geschichte aus meiner Vergangenheit. Aber sagt, werde ich Magie auf dem Drachenfest oft begegnen?" fragte er dann.
Diesmal völlig entgeistert sah Sirgal Hrothgar an.
"Was... wisst ihr eigentlich über die Drachen, Hrothgar?" fragte sie deshalb zunächst. "Wie könnt ihr mit einer... aversion gegen Magie einem Drachen folgen?"
Hrothgar schüttelte den Kopf. "Keine Aversion Sirgal, nur Angst. Es ist eine alte Geschichte, die mir passierte, als ich noch der Lehrling eines der besten Bootsmeister der Vinlande war."
Der Wirt huschte herbei, stellte einen frischen Krug Bier vor Hrothgar, und verschwand wieder.
"Es war eine Handelskogge des Nordenbundes, die nach einem Sturm schwer angeschlagen vor uns auftauchte. Wir dachten, das wäre leichte Beute, und begaben uns an die Ruder. Aber bevor wir nur in Schussweite unserer Bögen heran gekommen waren, tauchte im Bug der Kogge eine Gestalt auf. Eine lange Robe, und einen Stab trug er. Er wedelte mit den Armen, und plötzlich flogen auf uns drei Feuerbälle zu ... "
Hrothgar nahm einen tiefen Zug aus seinem Krug. "Es gibt nur eine Sache, die man auf einem Schiff mehr fürchten muß als die See, und das ist Feuer. Wir hatten Glück, und entkamen diesen Mistkerlen recht schnell, aber wir hatten sechs Mann verloren, und einige waren verletzt ... "
Hrothgar schaute Sirgal an. "Ich weiß, das man auf dem Drachenfest an allen Ecken und Enden Magie antrifft; aber es ist etwas, was ich zutiefst misstraue." Er seufzte. "Es war eine dumme Frage, vergesst sie."
"Nicht alle, die magie anwenden sind böse - und die Magie selbst auch nicht. Nur der, der sie zu dunklem mißbraucht. Und in dem Fall hat sich der Händler nur gewehrt... zu recht, muß ich sagen."
Hrothgar hob die Hände. "Verehrte Sirgal, Viking ist nun mal ein Teil unserer Kultur. Wenn ihr Hunger habt, und euch fällt eine fette Ente in die Finger, die einen gebrochenen Flügel hat, würdet ihr da lange nachdenken?"
Langsam bekam sein Gesicht wieder Farbe, und sein Grinsen kehrte auch wieder zurück.
"Lasst uns lieber von diesen beiden Freunden reden. Wer ist dieser Caine, und wer ist dieser Bedienstete dieser Hexe?"