Da war ein seltsames Funkeln in Jerkans Augen. "Dem Grauen...," nickte er lächelnd. "Nun, ich erschaffe, also grün, ich wende Magie an, also schwarz, ich liebe es frei zu agieren, also blau, ich führe auch eine Klinge, also rot, ich folge den Gesetzen meines Herrn, also silber, ich finde einen Ausgleich zwischen dem, was ich tue, wichtig, also gold und ich finde, dass alles einen Platz hat, ergo kupfer... Fragt lieber, welchen Weg ich nicht gehe." Jerkan grinste von einem Ohr zum anderen.
"Recht interessant, wie ihr das darstellt. Allerdings ist meine Liebe zu den Ordnungswegen nicht gerade sehr groß. Und wie ihr wohl aus dem Namen meines Schiffes entnehmen könnt, folge ich dem Blauen, und weil ich Wissen sehr schätze, auch dem Grauen. Ich trage auch Waffen, aber das alleine reicht nicht aus, um mich für den Roten Weg zu begeistern. Magie mag ich gar nicht, auch bin ich nicht fähig sie einzusetzen, auch wenn mir manchmal ein wenig Magie für das Erschaffen von Wind lieb wäre."
"HEY!!" Ein Schrei und ein Poltern drangen von der Theke her in den Raum. Das wütende Brummen des Wirts und ein heller Schrei, von dem man wohl nicht recht sagen konnte, ob er von einem Mann oder einer Frau stammte mischten sich und ein weiteres Poltern folgte, als ein schmächtiger, kleiner Kerl mir tiefschwarzem Haar, das wild und wirr in Locken um seinen Kopf rankte und ebenso schwarzen Augen von Mika, dem Wirt hinter der Theke hervorgezogen wurde. "Ich.. ich hab mein Kupfer verloren, es ist mir hinter die Theke dort gerollt!! Erneut grollte aus der Kehle des Wirts ein tiefes Grollen "Noch nicht trocken hinter den Ohren aber hier rumstänkern. Verschwinde, hinter der Theke hast du nix zu suchen, klar?"
Der Junge, irgendwo zwischen Knabe und Mann wohl, trollte sich, warf einen kurzen Blick auf die Anwesenden und verschwand in einer Ecke wo er sich mit düsterem Gesicht, ganz gebührlich eines erwischten Bengels, mit einem Schnitzmesser über ein Stück Holz herzumachen begann.
Erneut schallte die Stimme des Wirts durch den Raum "Und was du an Dreck machst, kehrst du hinterher wieder auf, klar?" Der Knabe brummte, schnitzte weiter und verzog sich tief in den Schatten der Ecke, tief konzentriert auf seine Schnitzarbeit.
"Das habt ihr richtig verstanden." Hrothgar grinste. "Wißt ihr, wenn man solange auf der See zuhause ist, der kann sich mit gewissen Dingen an Land einfach nicht anfreunden. Gesetze müssen sein, sie sind notwendig, versteht mich da nicht falsch. Aber allzu schnell können Gesetze kleinlich werden, und die Freiheit des Einzelnen zusehr einschränken. Und allzu oft werden die, die die Gesetze machen, größenwahnsinnig."
Sirgal hatte den Mann, mit dem Hrothgar das Gespräch aufgenommen hatte, während sie ihren tee trank, gemustert. Die Insignien, die dieser trug, sagten ihr etwas. Sie schwieg.
Als Hrothgar sich dem anderen zuwandte, gab sie etwas aus ihrer Gürteltasche in den Tee und trank dann, bevor der leichte Kräutergeruch sich zu weit verbreiten konnte.
Den Jungen musterte sie kurz, beobachtete seine Schnitzereien, lauschte aber eher dem Gespräch der Männer. Wenn nur das verfluchte Knie nicht so weh tun würde... Bassrad war ein Elender, den sie nach wie vor jagte.
"Oh, aber Gesetze sorgen doch dafür, dass die Freiheit des einzelnen gewahrt bleibt. Oder? Und sie halten mich davon ab, euch zum Beispiel in ein Häufchen Asche zu verwandeln..." Er grinste und sein Blick ging nur kurz zur Theke.
"Nein, sie halten euch nicht davon ab. Allerdings würdet ihr dann, nachdem ihr mich in Asche verwandelt habt, als Verbrecher gejagt. Vorausgesetzt, irgendjemand würde das als Verbrechen anzeigen." Hrothgar zuckte mit den Schultern. "In einem Hafen, in dem ich mal anlegte, um zu handeln, hing ein Zettel in der Hafenkommandatur aus. Es war ein Gesetz, erlassen vom Fürsten des Landes. Er verbot in diesem Gesetz die Einfuhr von Tabak und Tee, da diese beiden Dinge nur den Müßiggang des Volkes fördern würde."
Hrothgar zog genüsslich an seinem Zigarello. "Sagt selbst, ist das nicht lächerlich?"
Der Junge derweil ließ unaufhörlich kleine Spähne hell und leicht zu boden rieseln, die sein Messer vom Holz trennte. Nur ab und an konnte man vielleicht das Aufblitzen seiner Augen durch die Haarsträhnen sehen, wenn er mal den Blick hob - wohl um zu sehen, dass der Wirt ihm nicht wieder zusetzen wollte.
"Natürlich sind Gesetze lächerlich, wenn sie nicht durchgesetzt werden, oder wenn es keinen gibt, der für ihre Einhaltung sorgt," meinte er und lehnte sich zurück. "Für manche mögen einige dieser Gesetze lächerlich sien, andere sehen darin etwas Essentielles. Aber gehört es nicht auch zur Freiheit, anderen ihre Freiheit zu lassen? Auch in bezug darauf, wie sie die Gesetze als solche beurteilen? Meinungsfreiheit würde ich es nennen..." Jerkan liebte diese philosophischen Diskussionen, die er auch zuweilen mit seiner Herrin führte. Und ja, Sirgal kannte die Zeichen auf seinem Gewand, ebenso die Kralle auf dem Gürtelwimpel.
Hrothgar war erfreut, endlich mal von seinen Gedanken Weltenwacht und Mae weg zu kommen. Momentan konnte er der Möglichkeit, wieder dorthin zu reisen, nichts mehr abgewinnen.
"Nun, ich gebe euch recht, jeder sollte frei sein. Aber genau das ist ja Problem; es gibt genug Gesetze, die mich, und auch die anderen, in ihrer Freiheit beschränken. Und was ihr als Meinungsfreiheit bezeichnet, nun, es gibt Landstriche, in denen schon der Gedanke an bestimmte Dinge, wie z.B. dem Lästern des Hauptgottes, zu einer recht schnellen und unangenehmen Art des Todes führen."
Hrothgar schaute zu dem Jungen. Wie beim Blauen war er hier herein gekommen?
"Oh, alle Gesetze, die den Handel mit bestimmten Gütern mit hohen Steuern belegen oder sogar ganz verbieten. Auf der anderen Seite sind diese Gesetze auch ganz nützlich für mich ... " Hrothgars Grinsen wurde ziemlich breit " .... solange man nicht erwischt wird."
"Aber es gibt auch Gesetze, die die Freiheit eines einzelnen sehr beschränken, so z.B. die Gesetze der Leibeigenschaft, die in manchem Landstrich gelten, oder die Gesetze die sich mit dem Handel von Menschen beschäftigen."
"Mich persönlich schränken nur die Gesetze ein, die in Häfen gelten. Manche sind nützlich, da sie den Verkehr in einem Hafen regeln, andere unsinnig, wie die Gebühren für das Anheuern von Scheuermännern. Und da ich mehr auf See als an Land bin, sind mir die Landesgesetze auch ziemlich egal."
"Nun, was Leibeigenschaft oder - nennen wir das Kind doch beim Namen - Sklaverei angeht, so ist dies in meiner Heimat durch ein universelleres gesetz geregelt. Nur der Starke herrscht. Zu glauben, alle Wesen seien gleich, das sind Ideen, die nur einem verblendeten Hirn entstammen kann. Es gibt welche, die geboren wurden zu herrschen, bzw. die stark genug sind zu herrschen."