Jerkan seufzte. "Kaptain...hört mir aufmerksam zu, denn ich fürchte, ihr missversteht hier einiges. Und vielleicht bin ich nicht der richtge Ansprechpartner, vielleicht solltet ihr euch mit meiner Herrin irgendwann mal unterhalten. Fassen wir zusammen: Der Graue schickte die Streiter der Drachen nach Weltenwacht, da der Kupferne aus unserer Zeit, also die zweite Drachenwelt, zurückgereist war, um Weltenwacht zu überrennnen, um Inat Laronn zu stärken. Wir haben ihm damals einen gewaltigen Schlag versetzt. Leider nicht genug. Denn obwohl in unserer Welt ein Jahr vergangen war, so waren ca 60 Tage in der ersten Drachenwelt vergangen. Die Kaiserin rief uns... naja euch zu Hilfe, basierend auf Ereignissen, die in unserer Zeit seinen Anfang nahmen. Das sollte man niemals vergessen. Ob dies Grund für die Vernichtung war oder nicht, wer weiß. Fakt ist, dass allein unsere Anwesenheit in Weltenwacht die Kontinuität des Zeitstroms massiv beeinflusst hat. Zu welchem Ergebnis das kommt, bleibt abzuwarten." Er dachte wieder nach und trank einen großen Schluck. "Inat Laronn mag so ehrenvoll sein, wie es nur geht. Es ist egal. Denn er steht für den Kupfernen. Hrothgar, wisst ihr, was der Kupferne Weg beinhaltet? Kennt ihr seine Ausrichtung? Dann sagt mal und fasst sie zusammen."
"der Kupferne war, soweit ich weiß, immer der Herrscher des Drachenzirkels. Jeder der Drachen hatte seine feste Aufgabe, die er ja noch heute wahrnimmt; grün für das Leben, rot für den Kampf, grau für das Wissen und so weiter. Als aber die Drachen sich immer mehr den Sterblichen zuwandten, und diese lehrten, war der Kupferne nicht gerade erfreut darüber. Er verbot den Drachen die Beschäftigung mit den Sterblichen, die die Drachen wie Götter verehrten." Hrothgar lehnte sich zurück. "Das führte dann dazu, das die Drachen sich gegen Kupfer auflehnten, und schlussendlich die erste Drachenwelt zerstörten. Der Kupferne Weg steht für Herrschaft und Ordnung."
"Bwael, ich formuliere es mal etwas direkter. Kupfer bedeutet absolute Herrschaft. Kupfer bedeutet strikte Ordnung, es bedeutet eine absolute Gesellschaft, in der es kein links oder rechts gibt. Keine Kreativität, keine Weiterentwicklung, sondern jedes Wesen hat unter Kupfer seinen zugewiesenen Platz, seine aufdiktierte Bestimmung. Blinder Gehorsam. Diktatur. Kupfer bedeutet Stillstand und alles andere als Freiheit. Verfolgung Andersdenkender. Er schafft die anderen Drachen nicht ab oder verbietet den Glauben an sie. Aber er ist die Kontrollinstanz, er ist der Herrscher, der Diktator." Er sah dem Menschen in die Augen. "Inat Laronn ist nur ein Werkzeug. Er will nicht die Vernichtung Weltenwacht, er will die Herrschaft. Und genau darum kann er auch solch ein Angebot machen. Und wenn ihr mir nicht glaubt, geht ins Lager der Kupfernen und fragt sie nach ihrem Weg. Sie werden euch erzählen, wie glücklich jeder einzelne Kupferne ist, da er seinen Platz kennt und ihn mit Freuden ausfüllt!" Sein Blick bekam etwas sehr ernstes. "Ich gebe euch einen guten Rat : Lernt! Lernt von den Drachen und vor allem, sprecht mit den Leuten."
Hrothgars Lächeln hatte etwas extrem hinterhältiges, als er antwortete:" Herr Jerkan, aber ist nicht das, was Kupfer darstellt, genau das, was ihr in Bezug auf Herrschaft vertretet? Jedes Wesen erreicht seine Position aufgrund seiner Stärke. Hat es keine Stärke, dann ist es dazu verdammt Sklave zu sein, und zu dienen."
Hrothgar bedeutete Mika, ihm ein Bier zu bringen. "Ehrlich gestanden ist es mir nicht klar, was Kupfer damit bezweckt, diese Stadt ein zu nehmen. Die erste Drachenwelt fiel dem Kampf der Drachen untereinander zum Opfer, egal, ob wir uns einmischen oder nicht. Selbst Kupfer kann nichts gegen Geschehnisse ausrichten, die passiert sind."
"Nau, die Herrschaft in meiner Heimat ist nicht starr, wie die in der kupfernen Diktatur. Unsere Herrin muss sich gegen Emporkömmlinge und jene, die meinen, sie fordern zu können, stellen. Sie muss sich stets als die beste beweisen, Stärke zeigen, vor uns, vor sich und ihrem Gott. In einem kupfernen System sind solche Bewegungen innerhalb der Struktur von vorne herein nicht vorhanden, weil jeder seinen Platz dort hat und ihn jeder annimmt, ohne den Ansporn des Aufstiegs." Jerkan lächelte. "Es ist ein einfaches Zeitparadoxon. Hier korrelieren erlebte persönliche Zeit und der allgemeine Zeitfluss. Ich versuche es, einfach zu erklären. Von meiner Warte ausgesehen ist die Vernichtung der ersten Drachenwelt ein Ereignis der Vergangenheit. Meine Reise, also eine eventuelle Reise in einem Jahr, allerdings ein - aus meiner Sicht - Ereignis meiner Zukunft. Alle Erlebnisse dort sind Teil meiner persönlichen Zukunft, die allerdings gleichzeitig die Vergangenheit der zweiten, jetzigen Drachenwelt darstellt. Ergo ist die Vernichtung der ersten Welt momentan nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten, da sie ja quasi sowohl in unserer Vergangenheit als auch in unserer Zukunft stattfinden könnte. Da wir die Vergangenheit allein durch unsere Anwesenheit bereits alterniert haben... wer weiß, was geschehen war bzw. wird. Es ist immer schwierig über Zeit zu reden. Gibt Kopfschmerzen..."
"In dem Moment, wo wir in die erste Welt geschickt wurden, um zu verhindern, was Kupfer vorhat, haben wir begonnen, die für uns besetehende Wirklichkeit zu verändern", ergänzte Sirgal. "Jede handlung, die unbedacht in der Vergangenheit geschieht, muß unweigerlich Einfluß auf die Zukunft, unsere Jetzt-Zeit haben. Ein Beispiel: Nie hat es solchen Streit oder einen solchen bruch zwischen den Legendenwebern gegeben. Das Wissen Maes wird als Erinnerung in Cuirina sein - und sie wird schon jetzt eine Ahnung davon haben, was geschah. Niemals dürfen die Wege der Legendenweber getrennt sein, denn es wäre die Grundlage für einen neuen, schrecklichen Krieg..."
Hrothgar überlegte. Könnte das sein? Würde Kupfer es schaffen, Weltenwacht ein zu nehmen, könnte damit der Krieg, der die erste Drachenwelt vernichtete, überhaupt nicht stattfinden, und alle, die in der zweiten Drachenwelt leben, quasi.... verschwinden lassen? War das der Plan von Kupfer, als er das Artefakt vom Grauen gestohlen hatte?
"Herr Jerkan, zwei Fragen, wenn ihr erlaubt; zuerst, wer ist eure Herrin, von der ihr dauernd redet. und zweitens ... wenn eure Herrin irgendwann schwach wird, sei es aufgrund des Laufes der Zeit selber, würde sie von einem jüngeren, stärkeren verdrängt, eventuell sogar getötet?"
Hrothgar schaute Sirgal an. "Tja, Sirgal, vielleicht hast Du mit Deinen Taten genau den Grund herauf beschworen, der den Krieg auslöste, der die erste Drachenwelt vernichtete..... "
"Ich sehe, ihr fangt an, nachzudenken und zu lernen. Sehr gut. Die Grauen bemühen sich seit Jahren darum, dass dies getan wird. Denken und lernen," nickte er zufrieden. "Auf dem Weg, den meine Herrin beschreitet, gibt es nur ein endgültiges Ziel, die Unsterblichkeit an der Seite ihres Gottes. Dazu bedarf es einen immensen Aufstieg, viel Stärke. Ja, es ist so, dass wenn sie Schwäche zeigt, ihre Schüler auf die Idee kommen könnten, sie zu fordern. Sie selbst hat es bei ihrer Meisterin getan. Aber, falls ihr Gedanken in diese Hinsicht habt, fordert sie nicht, ihr untersteht ein Land." Jerkan grinste, nicht böse, sondern durchaus freundlich.
Hrothgar lachte. "Herr Jerkan, mir reicht es vollkommen, an Bord meines Schiffes das Kommando zu haben, auch wenn der Umgangston mit meinen Leuten eher freundschaftlich ist. Meine Crew ist handverlesen, fast jeder von ihnen ist durch ein Abenteuer an Bord gekommen, und hat sich aus freien Stücken meinem Befehl unterstellt. Ich werde es also tunlichst unterlassen, eure Herrin zu fordern." Hrothgar grinste freundlich zurück. "Ihr habt mir immer noch nicht den Namen eurer Herrin verraten, aber ich vermute mal, das es die Fürstin Tal'risha ist, die Herrin des Landes, an dessen Grenze dieses Gasthaus liegt."
"Oh, sie stellt jeden vor die Wahl, ob er sich ihr freiwillig anschließen mag. Aber was lässt euch vermuten, der Name meiner Herrin sei Tal... wie nanntet ihr sie? Tal'risha?"
Hrothgar nickte. "Es ist zumindestens eine Vermutung; allerdings bin ich mir bei dem Namen nicht so ganz sicher, Sirgal hat einmal den Namen erwähnt, und ich bin der Sprache der hier herrschenden Drow nicht mächtig. Meine Vermutung basiert auf euren Äußerungen, das es sich um eine Landesfürstin handelt; und die einzige Landesfürstin, die ich im Umkreis von 100 Seemeilen kenne, ist eben diese bewußte Dame." Hrothgar schmunzelte. "Wie gesagt, es ist eine Vermutung, und diese kann auch absolut falsch sein, wie der Schuss mit der Harpune in der Dämmerung."
"Sel Tac'Zil ist nicht das Land nur einer Herrin! Es wird von zwei Schwestern geführt", seufzte Sirgal. Sie umging eine Antwort auf Hrothgars Aussage, denn alles, was sie tat, wog so schon schwer genug.
"Nun denn...," sagte Jerkan. "Andere Länder haben auch ihrer Herrinnen. Belassen wir es bei einer Vermutung. Und ja, Sirgal hat Recht, Sel Tac'Zil hat zwei Herrinnen."