Hrothgar überlegte, während er langsam das Bier trank. Der Graue war ja nicht nur der Herr des Wissens, sondern auch Herr der Zeit. Wenn man nun nur diesen Aspekt des Grauen betrachtete, dann war er auch für den korrekten Fluß der Zeit und der Geschehnisse verantwortlich.....
"Der Kupferne stiehlt das Artefakt der Zeit, und nutzt es, um zwei seiner fanatischsten Anhänger in die Zeit der ersten Drachenwelt zurück zu versetzen. Der Graue bekommt diesen Diebstahl mit, und entsendet neben seinen treuesten Streitern auch alle anderen, die den Ruf der Kaiserin hören, in der Zeit zurück. Er als Vater der Zeit müßte es eigentlich klar sein, was er damit anrichtet; jede Aktion in der Vergangenheit, die die Streiter der zweiten Drachenwelt durchführen haben mehr oder weniger Einfluss auf die erste Drachenwelt, und das wiederum auf uns ... es sei denn, genau diese Ereignisse sind nötig .... "
"Sirgal, was ist daran so schlimm, das die zweite Fürstin eine schwarze Seele hat? Die erste Fürstin ist ja, wie mir zu Ohren gekommen ist, eine Anhängerin des Chaos."
Bei Hrothgars blasphemischen Worten stieg erneut Ärger in Sirgal auf. Diesmal schwieg sie dazu, doch Hrothgar trug grade nicht dazu bei, in ihrem Ansehen wieder zu steigen.
"Wie Dir zu Ohren kam? Das ist wohl kaum zu übersehen gewesen. Aber erkläre, welche zwei Anhänger der Kupferne in der Zeit zurückversetzt hat? Weißt Du Dinge, von denen ich keine Ahnung habe?"
Hrothgar schaute etwas verblüfft, als er sah, das sich Sirgals Miene wieder einmal verfinsterte. Was hatte er denn nun wieder gesagt, was Sirgals Laune sinken liess? Nur weil er über die Beweggründe des Grauen nachgedacht hatte? Oder warum er zu den Mitteln gegriffen hatte, wie er getan hatte?
"In der Taverne Bolt saß ich mit ein paar blauen Brüdern und Schwestern eines Nachts zusammen. Einer von ihnen liess verlauten, das der oberste Priester des Kupfernen und der Champion des Kupfernen durch die Zeit zurück geschickt worden wären."
"Der Priesterkönig, Inat Laronn, ist Kind der ersten Welt und Sohn der ersten Stunden. Man schickte ihn zurück, als er sich widerrechtlich in der zweiten Welt zeigte..."
"verzeih mir Sirgal, aber es wurde von einem obersten Priester gesprochen, aber der Name Inat Laronn fiel nicht." Hrothgar überlegte. An dem Abend floß viel Bier und Wein, aber er hatte, wie üblich in diesen Situationen, nicht viel getrunken.
"Die Rede an dem Abend war von einem Hohepriester und von dem Champion des Kupfernen, dessen bin ich mir sicher, aber der Name Inat Laronn ist nicht gefallen."
"Sirgal, ich habe allmählich ein wirklich sehr schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache .... und ich glaube, Dein Drache weiß ziemlich genau, was er da tut."
Hrothgars Miene war undeutbar, als er weitersprach: "Der Graue ist ja nicht nur der Vater der Weisheit, sondern auch der Vater der Zeit. Also muß er alles tun, damit der Lauf des Zeitflusses nicht geändert wird. Wenn aber die Ereignisse, die gerade stattfinden, stattfinden MÜSSEN, um den Fluß der Zeit in seinem Bett zu halten, dann weiß er auch genau, was als nächstes passieren wird ... passieren MUSS! "
"Falsch." sagte Sirgal ruhig. "Es gibt nur ein Einziges, was die Drachen nicht können - auch der Graue nicht. Und das ist in die Zukunft sehen. Das ist anderen vorbehalten."
"Sirgal, ich spreche nicht von der Zukunft" stellte Hrothgar ruhig fest; zu ruhig.
"Ich spreche vom hier und jetzt, das aus der Vergangenheit entstanden ist. Das heißt, dieses Hier und Jetzt ist durch bestimmte Ereignisse in der Vergangenheit entstanden. Und um dieses Hier und Jetzt zu bewahren, muß der Graue die Vergangenheit kennen ... und dafür sorgen, das die Vergangenheit genauso abläuft, damit das Hier und Jetzt auch so zustande kommt wie es gerade ist."
"Genau das kann er nicht. Denn unser Schritt in die Vergangenheit ändert auch seine Gegenwart. Darum müsste er seine persönliche und unsere Zukunft sehen können, wenn er wissen würde, was kommt. Da wir in der Vergangenheit aber Fakten geändert haben, ist er ebenso darauf angewiesen zu erleben, was geschieht, wie wir..."
Herr Jerkan hatte recht ... sich über Zeitreisen zu unterhalten brachte Kopfschmerzen.
"Trotzdem verstehe ich nicht, warum der Graue uns in der Zeit zurück schickt, um der Kaiserin zu helfen. Nicht, das ich etwas dagegen habe, dieser Schönheit" hier grinste Hrothgar "zu helfen. Aber trotzdem ist das ganze seltsam ..."
Hrothgar nahm noch einen Schluck von seinem Bier. "Als Mae diese Fee, Sonea, mit dem Ring zurück schickte, berichtete sie mir vom Kupferlager. Sie war erstaunt, das man dem Kupfernen soviele Gräueltaten nachsagte, denn im Lager Inat Laronns hätte sie nichts davon gesehen."
"Das Warum ist die Frage, die man im Grauen Lager schon länger zu klären sucht. Und selbst für Götter ist das Zeitrefugium etwas sehr komplexes, vor allem instabiles. Ihr kennt sicher das altbekannte Paradoxon, des eigenen Todes.? Stellt euch vor, ihr reist in die Vergangenheit, bringt eure Mutter um und negiert damit eure Existenz, was wiederrum bedeutet ihr könnt nie in die Vergangenheit reisen, eure Mutter umbringen, was wiederrum eure Existenz erschafft, die euch befähigt, in die Vergangenheit zu reisen..." Er lachte. "Seht ihr. Allein dieses komplexe Gebilde von Zeit zu erfassen obliegt nicht den Sterblichen. Es ist wie mit dem Chaos, es ist unmenschlich und unbeschreiblich, genauso wie die Zeit selbst. Manche sagen, sie sei ein Fluß, andere behaupten, es gäbe parallel existierende Ströme. Ich glaube allein deswegen ist der Alkohol entstanden um sich von solchen Gedanken abzulenken..." Er grinste und bestellte sich noch einen Wein. "Was für eine Fee?" fragte er dann.