Sirgal hatte schon so viele barden, Musiker und Spielleute gehört. Mancher hatte sie tief getroffen, mancher sie bewegt. Was Blake hier tat, war mit ihrer Seele spielen. Sie schloß die Augen um Beherrschung ringend - und doch liefen ihr bald Tränen über das Gesicht.
Zim erhielt eine knappe Antwort und nickte. Er wandte sich ab und ging den Flur entlang, wo nun nur noch eine Wache stand. "Ah - sie kommen grade richtig, Sergeat. Kommen sie mit."
Schweigend und lautlos querte Amira den Raum und stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab.
Als Blake geendet hatte, öffnete er die Augen wieder und blinzelte ein paar Mal. Er schaute in die Runde und sah die Gesichter. Ganz ähnlich wie Pip damals in der Taverne in Fellig fragte er leise, jedoch mit einem Lächeln in den hellen Augen: "War ich heute so schlecht?"
"Man hat einen Lieutenant überfallen, einen Wachmann niedergemacht und eine Zivilistin niedergeschossen..." knurrte er. Sie kamen in den Flur, wo noch sämtliche Spuren des Kampfes zu sehen waren. Links ein zerbrochener Wagen, in den Blake gestürzt war, das blutige, abgebrochene Stuhlbein lag am Boden, wo der Gefangene es dem Wachmann in den Rücken gerammt und dann damit auf Blake losgegangen war. Dunkler ein eingetrockneter Blutfleck am Boden, in dem sie gelegen hatte... ein kleinerer, verschmierter, in dem der Tote gelegen hatte.
"Was sehen sie?" fragte Zim Kyrillas.
Zu hause, wo sie alle saßen, schwieg Sirgal. Sie hatte das Buch im Schoß, auf dem Tränen nasse Flecke hinterlassen hatten und wischte sich mit beiden Händen über die Wangen. Die augen ließ sie geschlossen.
Blake wandte sich ihr zu und nahm das Instrument sammt Bogen in die Rechte Hand; mit der Linken berührte er Sirgal ganz sacht am Oberarm. "Hey..."
Amira hatte bei seiner Frage den Kopf geschüttelt, es aber nicht gewagt den Mund aufzumachen. Schweigend beobachtete sie Sirgal und kam langsam auf die Freundin zu.
Sie schwieg. Die sanfte Geste machte es grade noch schlimmer. Stille Tränen rannen ihr weiter über das Gesicht. Blake hatte sie tief getroffen - dann so ganz unberührt ließ all das, was passiert war, sie nicht. Auch wenn sie nach Außen gern den Schein erweckte.
"Der OvD ist auf dem Weg zu ihm. Und die Blutlache stammt von der Zivilistin." sagte Zim knapp.
Betreten nahm er die Hand wieder weg und murmelte ein leises "Tut mir leid...ich wollte nicht, dass...", brach dann jedoch ab und blickte ruhig auf die Geige in seinem Schoss. Scheinbar machte er gerade wiedermal alles verkehrt. Amira war an's Sofa gekommen, hatte sich neben das Möbelstück gehockt und strich Sirgal mit einer beruhigenden Geste über den Rücken.
"Du hast nichts verlernt, Blake.", kam es von Charly, um das Schweigen zu brechen und auch Pip nickte nach hartem Schlucken. "Ja, das war sehr schön."
"Ist schon gut", sagte Sirgal leise und wischte die Tränen weg. "Das passiert mir öfter..." sie lächelte schief und gab Blake das Buch. "Kennst Du davon etwas?"
John Zim, unnahbare Kampfmaschine, ungnädiger Ausbilder, Schinder der kompanie... der Ausbilder, der sogar Allister ins Schwitzen brachte... der Mann, der als eiskalt galt... genau der Mann sah auf und seine hellen Augen fanden Kyrillas Blick. Und etwas lag darin, dass eine Mischung aus Wut und irgend etwas anderem war. Betroffenheit. "Sirgal", sagte er leise. Zim sah sich in der Verantwortung - er hatte sie hergeholt.
Auch Amira lächelte wieder, als sich Sirgal's Züge änderten. Sie nickte und stand wieder auf, um Teller zu füllen und zu verteilen. Pip und Charly nahmen es dankend entgegen. Bei Sirgal und Blake wartete sie noch und nun sah sie Fox fragend an.
Der Grünäugige schlug das Buch auf, nachdem er die Geige an seine Seite gelegt hatte und blätterte darin. Beim 'Over the hills and far away' blieb er hängen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. "Das hier kenne ich noch von früher.", meinte er und deutete auf die Zeilen.
"So viel ich weiß hat sich Lady Amira der Sache angenommen. Sie wird zu Hause sein." Zim wusste von der Verbindung über Allister zu Kyrillas und Viktor nebst Amira. Darum sagte er ihm auch, wo sie war. "Ich habe aber eine Frage an sie, Sergeant. Sie kennen fast alle Waffen, die hier im Umlauf sind. Diese auch?" Er öffnete die Tür und holte Blakes Messer und die Pistole. "Schon mal gesehen?"
Sirgal schluckte noch einmal, dann meinte sie leise: "Hinten stehen noch zwei Lieder aus Eurer heimat."
Es war eine hervorragend gepflegte Pistole mit dunklem Griffholz und silbrig schimmerndem, zum Teil graviertem, Lauf. Feine filigrane Silbereinlagen verzierten die Holzteile- ein sehr schönes Stück. Das Messer war länger als ein gewöhnlicher Dolch und sowohl zum Parieren, als auch zum Angreifen perfekt geeignet. Die Schneide war so scahrf, dass man sich ohne Probleme damit würde rasieren können.
Blake blätterte weiter und fand die weiteren EInträge. Sein Blick wurde eine Spur dunkler. Dies waren Lieder, wie sie in Caspia erklungen waren, wenn es die Gelegenheit zu solch Kurzweil gab.